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Wenn Sie Ihr Kind mögen, dann ziehen Sie nicht um!
Jedenfalls nicht, so lange Ihr Kind schulpflichtig ist.
Was mich als Kommunalpolitiker der Gemeinde Börnsen, als Lehrer, als Vater zweier inzwischen erwachsener Söhne nachdenklich macht und verärgert, sind die unterschiedlichen Schulsysteme mit jeweils eigenen Bewertungssystemen.
Wer soll sich da noch zurechtfinden?
Das Feedback auf diese Undurchsichtigkeit z.B. in der Zensurengebung erhalte ich von Betriebsangehörigen immer dann, wenn ich meine Schülerinnen und Schüler im Betriebspraktikum besuche. In den Betrieben kennen sich die Personalchefs mit dem Notensystem von eins bis sechs gut aus. Was ist aber, wenn im Zeugnis eine: A 1, A 2 bis B 5 und B 6 oder eine: R 2, R 3 bis H 4 und H 5 auftaucht oder wenn die Skala der Benotung von Null bis hin zu 15 Punkten geht? – Ratlosigkeit.
Bundeseinheitliches Schulsystem
Der Ruf nach einem bundeseinheitlichen Schulsystem und nach einer gesetzlichen Zuständigkeit des Bundes findet innerhalb der Bevölkerung eine hohe Resonanz. Mit einem solchen nationalen Konsens würde dem dringenden Wunsch der meisten Eltern nach Verlässlichkeit und Konstanz, dem sog. Schulfrieden, in Schulstrukturen und Schulinhalte entsprochen werden.
Deutschland braucht einen Schulkonsens
Bei der Beurteilung der deutschen Schullandschaft sind die Haltung und die Wünsche in der Bevölkerung eindeutig: 16 Schulsysteme und mehr als fünfzig Schularten sind den Menschen zu viel.
Jedes Jahr wechseln rund 120.000 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und zwanzig Jahren umzugsbedingt in das Bildungssystem eines anderen Bundeslandes; Hamburg beschult jährlich 6.300 neue Gastschüler aus Schleswig-Holstein. Stress in den Familien und Bildungsverluste für die Kinder und Jugendlichen sind dabei programmiert. Die föderative Struktur im Bildungswesen wird dabei keinesfalls als Bereicherung durch Vielfalt, sondern vornehmlich als Behinderung durch Chaos erlebt.
Das Fernsehmagazin Panorama berichtete am 20. Januar 2011 über groteske Kleinstaaterei zu Lasten der Schülerinnen und Schüler u.a. folgendes:
„Wer in Deutschland mit schulpflichtigen Kindern das Bundesland wechselt, erlebt einen Albtraum: Jedes Land kocht sein eigenes Schul-Süppchen. Eine unübersichtliche Zahl von Schultypen und Lernplänen bringen Eltern, Schüler und Lehrer zur Verzweiflung. Kinder müssen bei einem Umzug trotz guter Noten ein ganzes Jahr wiederholen – nur weil mit der Fremdsprache je nach Bundesland in unterschiedlichen Schuljahren begonnen wird.“
Unterschiedliche Schultypen
Heute breitet sich nach dem Besuch der vierjährigen Grundschule vor den Schülerinnen und Schülern samt Eltern in der Bundesrepublik eine Palette von insgesamt mehr als fünfzig Schultypen aus; eine Auswahl: Stadtteilschule, Gemeinschaftsschule, Regionalschule, Gymnasium, Sekundarschule, Förderschule, Verbundschule, Realschule plus, Mittelschule, Werkrealschule.
Dieses Schul-Chaos lassen wir uns in Deutschland etwas kosten: Experten schätzen, dass in der 16-fachen Struktur der Bundesländer Millionen Euro verschwinden. Der Grund: Die Schulpolitik ist der letzte Sandkasten der Landespolitiker. Den Spaß, an immer neuen Reformen zu buddeln, wollen CDU- und SPD-Politiker sich nicht nehmen lassen. Und die Kultusministerkonferenz, das Gremium, das für Absprachen sorgen soll, versagt seit Jahren.
Schullandschaft Hamburg
Hatten wir früher nach der vierjährigen Grundschulzeit nahezu bundeseinheitlich das „Dreigegliederte Schulsystem“, wurde in den 70er Jahren z.B. in Hamburg die Gesamtschule als Alternative zum traditionellen System mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium als vierte Schulform etabliert, bei der die Differenzierung in die Schule verlagert wird und nicht mehr zwischen verschiedenen Schulformen besteht. Die Gesamtschule gibt es in Hamburg seit 2011 nicht mehr.
Die Hauptschulen hatten keine bildungspolitische Zukunft mehr, deswegen ist das Aus der Hauptschule als eigenständige Schulform in Hamburg seit 2011 Realität. In der Hansestadt setzt man auf das Zwei-Säulen-Modell von Gymnasium und Stadtteilschule. Allerdings scheint es mitunter so, dass die aktive Veränderung von Schulformen hauptsächlich darin besteht, wieder eine Namensänderung vorzunehmen, ohne dass sich inhaltlich etwas Wesentliches verändert. Nach wie vor haben wir an den Schulen auch leistungsschwache Schülerinnen und Schüler, die weiterhin gut beschult werden müssen und nicht durch die Namensänderung der
Schulform plötzlich klüger geworden sind.
Schullandschaft Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein gibt es den Streit, ob sich neben den Gymnasien als zweite Säule die Gemeinschafts- oder die Regionalschule durchsetzt. Die Eltern im Hamburger Umland lassen die Regionalschule (Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen) im Regen stehen und setzen dafür auf die Gemeinschaftsschule. Jedenfalls ist im Hamburger Umland ein Bewerbungsboom für Gemeinschaftsschule zu registrieren.
Was schmerzt, ist der Tatbestand, dass Hamburg und Schleswig-Holstein etwa zeitgleich und unabhängig voneinander jeweils an einem neuen Schulsystem bastelten. Hier wurde erneut eine Chance verpasst, ein zukunftsfähiges gemeinsames Konzept für wenigstens zwei kleine Bundesländer zu entwickeln.
Gastschulabkommen: Hamburg und Schleswig-Holstein
Bereits im Sommer 2009 hatte Hamburg Schleswig-Holstein gegenüber das Gastschulabkommen aufgekündigt. Dahinter steckte ein Streit ums Geld. Statt bislang 8,5 Millionen Euro forderte die Hansestadt für die mehr als 6.300 Gastschüler aus Schleswig-Holstein, die in Hamburg zur Schule gehen, mindestens 20,5 Millionen Euro. In die andere Richtung pendeln jährlich ca. 2700 Schülerinnen und Schüler. Trotz mehrerer Verhandlungsrunden gab es keine Einigung, sondern nur eine einjährige Übergangslösung.
Im Dezember 2010 wurde der lange Streit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg über die Ausgleichzahlungen für die Kinder aus Schleswig-Holstein an Hamburger Schulen beendet. Der Vertrag, der für fünf Jahre gelten soll, sieht vor, dass Schleswig-Holstein im Jahr 2011 12,4 Millionen Euro an Hamburg zahlt. In den darauf folgenden Jahren soll sich der Betrag bis zum Jahr 2015 um jeweils 200.000 Euro erhöhen.
Grundsätzlich gilt: Die Schüler sollen im eigenen Bundesland zur Schule gehen. Ausnahmen für den Besuch an Hamburger Schulen gibt es bei begründeten Härtefällen. Nur, wer beschließt, welche Organisation mit welchen Kriterien über Härtefälle zu entscheiden hat. Schulleiter? Und eines kommt hinzu: Wie viele Elternteile greifen durch Ausnahmeregelungen zu einer ‚Notlüge’, um ihrem Kind die bestmöglichen Bildungschancen zu ermöglichen? Es darf nicht sein, dass die Lüge gesellschaftsfähig wird, Kinder notgedrungen mitlügen müssen und der Ehrliche der Dumme ist.
Deshalb sollten wir endlich aufhören mit diesem Possenspiel und eine Grundlage für eine freie Schulwahl in der Metropolregion schaffen.
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