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Rede Klaus Tormählen zum Thema Konnexität am 6. März 2014
Wir hören bei fast jedem Thema stereotyp: kein Geld, kein Geld. Unser Antrag beleuchtet das Problem unter einem anderen Licht.
Der Kreis hat bei einem Gesamtvolumen von über 222 Millionen Euro allein ca. 80 Millionen Euro Aufwendungen nur für Wahrnehmung von Aufgaben aus der Sozialgesetzgebung des Bundes. Weitere Sozialleistungen und Jugendhilfe nicht einberechnet. Davon werden grob 50 Millionen erstattet. Fast 30 Millionen Euro hat der Kreis selbst zu tragen. Und das jedes Jahr.
Der Kreis hat fast 50 Millionen Euro Schulden. Und das trotz Konsolidierung. Und von den Schulden kommen wir angesichts dieser Eigenleistung nicht mehr runter, auch nicht, wenn alle freiwilligen Leistungen bis auf die letzte eliminiert werden. Und wie wir seit Jahren sehen, kann der Kreis die 30 Millionen fehlenden Mittel selbst nicht tragen. Der Kreis hat sonst als Einnahme nur die Kreisumlage. Aber die ist nicht für die Sozialaufgaben des Bundes da.
Unser Hauptproblem ist, dass wir mit diesem vom Bund aufgezwungenen Kürzungsdruck viele Aufgaben nur erheblich eingeschränkt wahrnehmen können bzw. auch komplett streichen: Soziale Hilfseinrichtungen, Bildungsstrukturen, Mobilität und ÖPNV, Rettungsdienst, Lebensmittelkontrollen, Naturschutz usw.
Dazu kommt: Effektives und nachhaltiges Herabsetzen von Kosten können wir nur durch Vorbeugen erreichen. Allein Prävention kann auf die Dauer Kosten sparen. Stattdessen bekommen wir durch kurzsichtige Sparmaßnahmen überhaupt keine langfristigen Effekte. Alles wird nur noch schlimmer, weil die Kosten nicht weg sind, sondern hintenherum immer weiter steigen.
Ich frage mich, warum machen wir das? Warum wehren wir uns nicht gegen diesen Geldraub aus Berlin?
Als Kreispolitiker haben wir Verantwortung für Menschen, die Hilfe benötigen, Verantwortung für administrative Leistungen, Verantwortung für Vermeidung bzw. Ahndung von Verstößen, Verantwortung für alle im öffentlichen Bereich beschäftigten Menschen, Verantwortung für ein optimales Zusammengehen mit den Kommunen. Wenn es den Kommunen nicht gut geht, brechen auch dort Dienstleistungen für die Bürger weg. Die Lasten der Kreisschulden dürfen nicht bei den Kommunen hängen bleiben.
Was wäre auf die Versagung der benötigten Bundesmittel die richtige Reaktion gewesen? Wir hätten alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um auf den daraus resultierenden Notstand hinzuweisen.
Hier setzt unser Antrag an: Wir wollen uns mit Händen und Füßen wehren. Wir fordern also eine Erstattung der Kosten für die vom Bund gestellten Aufgaben. Ist das ein falscher Ansatz?
Ich denke nicht. Der Bund hat die Steuergesetzgebung in der Hand. Er allein steuert die Höhe der Einnahmen. Der Bund lässt es zu, dass jährlich mehr als 160 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren gehen. Milliarden Euros auf Auslandskonten werden nicht besteuert. Ebenfalls über 160 Milliarden Euro werden jährlich für Subventionen ausgegeben.
Ein aktuelles Beispiel, wie heute mit dem Geld aktuell umgegangen wird: Der Bund hat gerade vor ein paar Tagen durch eine Diätenerhöhung für die Abgeordneten mal eben 6,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt.
Der Bund hat durch Steuerrechtsänderungen in 2009, und zwar durch Konjunkturpakete, Bürgerentlastungsgesetz bei der Krankenversicherung, Wachstumsbeschleunigungsgesetz plus einige weitere insgesamt fast 7 Milliarden Euro pro Jahr den Kommunen entzogen, das macht allein für unseren Kreis ca. 16 Millionen pro Jahr.
Unsere eigenen Sparvorschläge tragen wir seit 10 Jahren permanent vor: Das sind Maßnahmen zur Prävention. Würden wir ein wenig mehr in die Prävention investieren, würden wir mit dem Vielfachen an Ersparnissen bei den Folgekosten belohnt werden. Das wäre echte Sparpolitik.
Die einzige Möglichkeit, von den hohen Sozialkosten herunterzukommen, ist Prävention. Unser Kreis leistet sich 5 Millionen Euro jährlich für die Konsolidierung, die nachgewiesener Maßen das Ziel verfehlt. Unser Kreis hat aber keine 200.000 Euro für die Prävention übrig.
Das Ergebnis der Konsolidierung ist die Eindämmung von Hilfen und des Gestaltungsspielraums für die Selbstverwaltung.
Hier greift der Aspekt der Verfassungsmäßigkeit. Wo ist die Grenze der Beschneidung der Selbstverwaltung, wo beginnt der Verfassungsbruch? Haben wir nicht schon längst diese Grenze überschritten?
Prof. Dombert, Richter am Verfassungsgericht Brandenburg, sagt, dass die Beschränkung der Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung, den Vorgaben der Verfassung zuwider läuft.
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland/Pfalz hat 2012 in einem Urteil sinngemäß festgelegt, dass die Finanzausstattung der Kommunen grundsätzlich auch die Wahrnehmung frei gewählter Aufgaben ermöglichen muss. Insbesondere auch dann, wenn die Finanzprobleme aus einer signifikant hohen Kostenbelastung aus staatlich zugewiesenen Aufgaben beruhen und somit fremdbestimmt sind.
Wie geht es den anderen Kreisen mit der Erstattung? Meine Anfrage beim Landkreistag hat ergeben: Die Zuschussbedarfe im Sozialbereich sind im einzelnen zwar unterschiedlich, in der Summe jedoch ähnlich dramatisch wie bei uns.
Gerade gestern habe ich im Hörfunk ein Zitat aus Berlin aufgeschnappt: „Haushaltskonsolidierungen dürfen nicht über die Sozialkassen vorgenommen werden.“ Da kann ich nur sagen: Ja, Leute, in Berlin, dann fangt mal sofort an!
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