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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Herzogtum Lauenburg

Rundbrief der Fraktion – Ausgabe 4-2005

Liebe Mitglieder und Freunde der Grünen!

Im Herbst war Halbzeit. Fünfzig Prozent der Legislaturperiode 2003-2008 sind vorüber. Unser statistisches Resümee lautet: 25 Anträge, 13 Anfragen gestellt und unzählige Pressemeldungen verfasst. Obwohl das Quartal erst Ende Dezember zur Neige geht, erscheint dieser Grünschnabel vor dem Weihnachtsfest 2005.

Aus dem Kreistag

Haushalt mit Rekordtief
War das dritte Quartal kreistagsfrei, so gab es in im letzten Jahresviertel gleich zwei Sitzungen. Die aus Grüner Sicht wichtigsten Entscheidungen:

1. Zuschuss von ca. 200.000 Euro an das Geesthachter Innovations- und Technologie-Zentrum (GITZ). Auch wenn es richtig scheint, einen aufstrebenden Wirtschaftszweig zu unterstützen, so war für uns aus zwei Gründen der Deal nicht zustimmungsfähig. Erstens werden in Geesthacht schon an anderen Stellen genügend viele Gewerbeflächen von der Stadt zur Verfügung gestellt, und zweitens müssten bei einer Unterstützung des GITZ auch andere Projekte gefördert werden. Dies sieht die Kreistagsmehrheit allerdings selektiv.

2. Vor vielen Jahren wurden in den Ratzeburger Domsee von der auf der Dominsel angesiedelten Gaskokerei Teeröle in den See eingeleitet. Dort liegen sie auf dem Grund und gefährden Menschen und Tiere. Die Kokerei besteht schon seit langem nicht mehr und kann nicht belangt werden. Die Kreisverwaltung regte eine Sanierung an. Wir stimmten dem zu, da wir davon überzeugt sind, dass das Öl als tickende Langzeitbombe anzusehen ist, die früher oder später ohnehin beseitigt werden muss.

3. Der Haushalt für 2006 verzeichnet mit ca. 14 Millionen Euro ein Rekordtief. Für 2007 wird mit einer Verdoppelung gerechnet. Die Kostensteigerungen ergeben sich in erster Linie im sozialen Bereich (Hartz IV und Leistungen für Behinderte). Diese Situation war für uns Anlass, über die aktuelle Finanzpolitik und die Folgen für die Zukunft nachzudenken. Müssen wir Stellen in der Verwaltung sparen oder Zuschüsse kürzen? Beim Durchrechnen der vorgesehenen Sparmaßnahmen kommt man auf Beträge, die prozentual höchstens im Nachkommabereich an das Defizit heranreichen. Das Kürzen von Kleckerbeträgen bringt also wenig und ändert kaum etwas an der Höhe der Verschuldung. Im Gegenteil: Unverzichtbare Aufgaben in den Bereichen Soziales, Jugend, Bildung, Kultur, Infrastruktur, Sicherheit, Sport und Umwelt bleiben unerledigt und belasten die Gesellschaft für die Zukunft. Eine Änderung an der Finanzsituation kann nach unserer Ansicht nur durch eine strukturierte Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes erreicht werden. Dies sollte dann insbesondere auch dazu führen, dass Kommunen und Länder wieder mit einem angemessenen Finanzrahmen ausgestattet werden. Sparen verschärft das Problem noch mehr: Weniger Stellen, weniger Investitionen, Mehrausgaben für die Kommunen durch Anstieg der Arbeitslosen. Aufträge für mittelständische Betriebe kommen insbesondere aus den Kommunen. Es kann nicht die Aufgabe der Kreise sein, die nationale und internationale marode Finanzsituation der öffentlichen Hände zu retten. Aktuell sollten die Kreise alle notwendigen Ausgaben tätigen und sich das dafür benötigte Geld durch Kreditaufnahme besorgen. Wir sind der Meinung, dass die Kreise ohne Angst an die Kreditaufnahme herangehen können. Deutschland steht bei den eigenen Bürgern in der Kreide, nicht im Ausland wie noch in den Krisenjahren 1929-1932. Die Staatsschulden belaufen sich auf 1400 Milliarden, die privaten Guthaben hingegen auf 3000 Milliarden Euro. Unsere Gesellschaft ist so reich wie nie zuvor. Der vorgelegte Totspar-Haushalt wurde von uns abgelehnt.

4. Die Umwandlung der Kreisforsten in einen Eigenbetrieb hat jetzt genau das Ergebnis gebracht, das wir vor einem Jahr vorhergesagt hatten: Der von Rot/Grün vor sechs Jahren ins Amt geholte und für umweltverträgliche Waldnutzung stehende Forstdirektor wird weggedrängt, mit dem neuen Forstdirektor wird der Hiebsatz erhöht. Dies wurde von uns in der Debatte auch so in Worte gefasst und moniert.

5. Die Sperrgutabfuhr soll nur noch auf Abruf erfolgen. Wir befürchten dadurch ein vermehrtes Abladen von Müll in der Landschaft. Außerdem finden wir es sinnvoll, wenn Sperrgut weiterhin von Osteuropäern eingesammelt werden kann und wiederaufbereitet wird. In diesem Punkt stimmten wir gegen das Abfallwirtschaftkonzept.

Grüne Anträge

Dreister Ideenklau
Anstelle der überall praktizierten unsinnigen Transporte von Gütern über Tausende von Kilometern fordern wir, die Vermarkter vor Ort zu stärken und darauf zu achten, dass die in der Region erzeugten Produkte auch hier an die Kunden gebracht werden. Wegen eines stimmigen Gesamtkonzeptes dachten wir dabei nicht an eine Beschränkung auf die Güterproduktion, sondern an eine Ausweitung auf kulturelle und ideelle Erzeugnisse. In einem Kreistags-Antrag wollten wir die Diskussion über die Regionalvermarktung in Gestalt einer Image-Kampagne zur Aufklärung der Kunden anstoßen. Wir schlugen vor, Betriebe oder Verbände, die vor Ort produzieren und vermarkten, mit einem Zertifikat auszustatten. Die Teilnahme sollte freiwillig sein und über einen entsprechenden Antrag erfolgen. Die Regionalvermarkter könnten dann z. B. mit einem Siegel und einer entsprechende Plakette für sich werben. Für eine Auszeichnung kämen alle Unternehmen und Einrichtungen in Betracht, die vor Ort produzieren und anbieten. Dazu sollten z. B. landwirtschaftliche Betriebe, Erzeuger von Biogas und anderen regenerativen Energien, Stadtwerke, Tourismusverbände, Gastronomie, wissenschaftliche Einrichtungen, Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie Kulturanbieter, Umweltgruppen, Volkshochschulen usw. zählen. Dass dieser Antrag abgelehnt wurde, überraschte uns nicht. Schließlich hat die CDU bisher alle unsere Ideen abgewürgt. Dass aber die Mehrheitsfraktion die Regionalvermarktung in einen ihrer eigenen Anträge nachträglich einbaute, das fanden wir dann doch schon dreist. CDU und SPD hatten zuvor einen Antrag zur Einrichtung eines „Diskussionsforum – Zukunft Wirtschaft“ eingebracht und dort unter „Frage- und Problemstellungen“ nachträglich den Punkt „Vermarktung regionaler Produkte“ eingefügt. Dem wurde dann auch so von CDU und SPD zugestimmt.

Solarboot
Ein zweiter Antrag betraf unsere Anregung, auf dem Ratzeburger See eine Solarfähre in Betrieb zu nehmen. Die Nutzung des Ratzeburger Sees mit Fahrgastschiffen steht vertraglich nur der Ratzeburger Seeschifffahrt zu. Daran lässt sich natürlich nichts ändern. Über eine Zulassung kleinerer Elektroboote durch Änderung der Regelungen für den Bootsbetrieb wollte die Mehrheitsfraktion aber nicht nachdenken. Aus unserem Kopf wird das Solarboot jedoch nicht verschwinden.

Fleischkontrollen
Beim Kreistag am 8. Dezember reichten wir, weil verspätet, ein Dringlichkeitsantrag ein. Bevor über so einen Antrag abgestimmt werden kann, muss die Dringlichkeit von einer Zweidrittel-Mehrheit bestätigt werden. Absicht des Antrags war, das Veterinäramt im Kreis aufzufordern, eine Darstellung über Kontrollmaßnahmen in den hiesigen Schlachtbetrieben vorzulegen. Wir wollten sichergestellt wissen, dass hier kein verdorbenes Fleisch in den Handel kommt. Der Dringlichkeit wurde durch die CDU nicht stattgegeben.

Grüne Gespräche

Vattenfall wirbt um Grüne
Im Oktober kamen Vertreter des Energiekonzerns Vattenfall zu uns ins Fraktionszimmer. Wie schon mehrfach im Grünschnabel  berichtet, plant Vattenfall den Bau einer 380 KV-Leitung von Schwerin nach Krümmel. Nach unserer kritischen Presseerklärung im Sommer mit dem Hinweis einer Leukämie-Gefahr in unmittelbarer Nähe von Starkstromleitungen wollte die Firma uns von der Notwendigkeit und Ungefährlichkeit ihres Vorhabens aufklären. Nachdem wir unsere prinzipielle Zustimmung zu dem Leitungsbau abgegeben hatten (die Leitung wird u. a. benötigt, um den überschüssigen aus Windkraft erzeugten Strom in Regionen mit Bedarf zu transportieren), entwickelte sich ein fachbetonter Austausch. In einem harmonischen Gespräch konnten die Vertreter aber ein „Restrisiko“ für die Entsehung von Leukämie in der Nähe von Starkstrommasten nicht ausräumen.

Grüne Pressemeldungen

In der Presse meldeten wir uns außer zu den oben behandelten Kreistagsthemen zur Kürzung der Zuschüsse für die Volkshochschulen, zur Verlängerungsabsicht der AKW-Laufzeiten von Minister Austermann und zur Biogasanlage in Behlendorf zu Wort. In einem offenen Brief an die Gemeindevertreter Behlendorfs hatten wir für Unterstützung der Pläne zum Bau einer neuen Großanlage geworben. Nachdem dem Betreiber in der letzten Legislaturperiode eine Genehmigung signalisiert worden war, hat die Jetzige CDU-Mehr¬heit die Zusage verweigert. Die Reaktion auf diese Meldung durch den Gemeindevertreter Andreas Henschel rief eine Flut von Leserbriefen hervor, die in unserem Sinn argumentierten.

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