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Landtagswahl 2009 – Programm des Landesverbandes

Das Programm wurde beim Parteitag vom 14. bis 16. August in Neumünster verabschiedet.

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Das Programm als online-Lesetext:

Präambel

Liebe Wählerinnen, liebe Wähler,

die Landtagswahl kam plötzlich - und kommt doch zu spät: Die vergangenen vier Jahre waren verlorene Jahre für Schleswig-Holstein! Die große Koalition hat trotz sprudelnder Steuereinnahmen keine solide Haushaltspolitik zustande gebracht. Das Missmanagement bei der HSH Nordbank kann unser Land an den Rand seiner finanziellen Existenz bringen. Eingeleitete Reformen im Bildungsbereich waren widersprüchlich und die notwendigen Mittel dafür wurden nicht zur Verfügung gestellt, die Hochschulen wurden durch unkoordinierte Eingriffe ins Chaos gestürzt. Während das Geld für Bildung, Forschung und Kultur fehlte, kannte die große Koalition bei Beton und Asphalt keine Grenzen: das schlimmste Beispiel dafür ist die feste Fehmarn-Belt-Querung, die gegen den Widerstand der Region durchgedrückt wurde.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nicht voran. Unter Rot-Grün war Schleswig-Holstein noch Windland Nummer 1, unter Schwarz-Rot gingen stattdessen neue Kohlekraftwerke in Brunsbüttel ins Genehmigungsverfahren. Die unterirdische CO2-Speicherung droht als Konsequenz. Wir GRÜNE wollen Schleswig-Holstein zu einem Land machen, in dem Fairness und Zukunft wieder möglich sind. Heimat bedeutet für uns Chancengleichheit, Bildungs- und Kulturland, Land der erneuerbaren Energien. Ein Land, in dem die Menschen zusammenhalten, gerne eine Familie gründen und gerne alt werden. Wir wollen Schleswig-Holstein zu einem modernen, innovativen, ökologischen Vorreiter machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Atomkraftwerke Auslaufmodelle bleiben, dass keine neuen Kohlekraftwerke und keine CO2-Lager genehmigt werden und die Verantwortlichen für das Desaster bei der HSH Nordbank zur Rechenschaft gezogen werden. Wir GRÜNE wollen Schleswig-Holstein zu einem modernen, innovativen, ökologischen Vorreiter machen und so nachhaltig neue Stellen schaffen. 40.000 Arbeitsplätze können in unserem Land entstehen, wenn wir in den kommenden Jahren in Zukunftstechnologien, Klimaschutz, Gesundheit und Bildung investieren. Schleswig Holstein steht vor einer Richtungsentscheidung. Schlagen Sie mit uns den Weg zu einer sozialen und ökologischen Zukunft ein! Wählen Sie am 27. September 2009 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN!

Wahlaussage

Es ist gut, dass die gescheiterte Regierung aus CDU und SPD nun beendet wird. Eine politische Katastrophe wäre es jedoch, wenn die Neuwahl zu einer Regierung aus CDU und FDP führen würde. Längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke und neue Kohlekraftwerke, Privatisierung statt solidarischer Gesellschaft, Abwälzungen der Kosten für Gesundheit, Bildung und öffentliche Daseinsfürsorge auf den Einzelnen statt gerechter Gesellschaft, Auslese statt individueller Förderung in der Bildungspolitik, das wären die Ergebnisse. Unser Ziel ist es deshalb, dieses Regierungsbündnis zu verhindern. Wir wollen so stark sein, dass es keine Regierungsbildung jenseits der großen Koalition ohne uns geben kann. Gelingt uns dieses Ziel, wird es vielfältige Regierungsoptionen geben. Wir werden uns verantwortlich jedem Gespräch mit allen demokratischen Parteien stellen und mit ihnen über eine ökologische und soziale Politik verhandeln. Aber nur, wenn eine klare GRÜNE Handschrift erkennbar ist, werden wir uns an einer Regierung beteiligen. Sonst gehen wir in die Opposition. Sie ist für uns eine demokratische Herausforderung.

1. Finanzen

Das Land steht vor schweren Zeiten

Schleswig-Holstein ist finanziell gesehen ein armes Land. Bei einem Haushalt von jährlich 9 Milliarden Euro ist eine Verschuldung in Höhe von 23 Milliarden Euro eine kaum zu bewältigende Last. Die hohen Zinszahlungen machen politisches Handeln immer schwerer. Hinzu kommen die steigenden Kosten für zu zahlende Pensionen, für die das Land keinerlei Vorsorge getroffen hat.

Schuldenbremse und Altschuldenfonds gehören zusammen

Zu dieser finanziellen Entwicklung haben alle Regierungen seit 1970 beigetragen. Schuldzuweisungen helfen nicht weiter. Stattdessen muss das Parlament jetzt in gemeinsamer Verantwortung Konzepte vorlegen, wie wir von dem hohen Schuldenberg herunter kommen. Wir stellen uns dieser Herausforderung. Wir fordern, dass der Solidaritätsbeitrag mit Auslaufen der Förderung „Aufbau Ost" nicht abgeschafft, sondern zum Teil für einen Altschuldenfonds eingesetzt wird. Mit dem anderen Teil wird der Ausbau des Bildungssystems finanziert. Auch hohe Privatvermögen müssen stärker zur Finanzierung der Staatsaufgaben herangezogen und klare Schwerpunkte bei der Ausgabenpolitik gesetzt werden.

Die Vorgänge um die HSH Nordbank müssen schonungslos aufgeklärt werden

Das Missmanagement bei der HSH Nordbank und die mangelnde Risikokontrolle durch Mitglieder der Landesregierung im Aufsichtsrat der Bank haben Schleswig- Holstein in eine fatale Situation gebracht. Die große Koalition hat der HSH Nordbank ein 6,5 Milliarden Euro schweres „Rettungspaket" zugesagt, obwohl niemand sicher sein kann, dass das neue Geschäftsmodell der Bank funktioniert. Scheitert es, steht das Land vor dem Bankrott. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss muss auch nach der Wahl fortgesetzt werden und ohne Rücksicht auf Personen Verantwortlichkeiten aufklären. Aus den Ergebnissen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses müssen anschließend Konsequenzen gezogen werden. Effektive Kontrolle des Finanzmarkts darf nicht länger auf dem Papier stehen bleiben. Wir brauchen z.B. präzise gesetzliche Regeln für die Ausübung der Aufsicht über die HSH Nordbank, einschließlich einer regelmäßigen Berichts- und Rechenschaftspflicht der das Land vertretenden Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Landtag.

Wir müssen in die Zukunft investieren

Finanziert werden soll nur noch, was sich nachhaltig auszahlt. Das heißt: Investitionen in erneuerbare Energien, in Energieeinspar- und Effizienzprogramme und in Kultur und Bildung, von den Kindertagesstätten über die Schulen bis zur Förderung von Ausbildung und Hochschulen. Einsparungen sind im Bereich des Straßenbaus, bei der einzelbetrieblichen Förderung und beim Abbau von doppelten Verwaltungsstrukturen möglich. Alle Förderprogramme des Landes müssen auf den Prüfstand. Erfüllen sie nicht den Anspruch von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit, müssen sie abgeschafft werden. Die Gewährung von Staatshilfen darf nicht zur Stützung von überholten wirtschaftlichen Strukturen führen. Hilfen zur Unternehmensrettung dürfen zudem nur gewährt werden, wenn Unternehmen sich verpflichten, ihre Gehälter und Einkommenentnahmen auf jährlich höchstens 500.000 Euro zu begrenzen, einschließlich aller Boni und Sonderzahlungen. Diese Obergrenze soll auch für alle Unternehmen gelten, bei denen Schleswig-Holstein das durch seine Unternehmensbeteiligung durchsetzen kann. CDU und SPD haben in vier Jahren Regierungsverantwortung weder die Verwaltung reformiert noch Bürokratie abgebaut. Gutachten haben aber ergeben, dass in der Verwaltung des Landes und der Kommunen Einsparungen in Höhe von mindestens hundert Millionen Euro möglich sind. Deshalb wollen wir gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept erarbeiten, das den Kommunen mehr Geld und mehr Kompetenzen gibt, wenn sie sich zu handlungsfähigen Gebilden zusammenschließen. Öffentliches Vermögen darf nicht weiter im Privatisierungswahn zu Lasten nachfolgender Generationen verschleudert werden. Wir wollen diesen Trend zur Schädigung der langfristigen Leistungsfähigkeit des Landes und der Kommunen brechen. Eine denkbare Lösung wäre, das Haushaltsrecht so zu verändern, dass Veräußerungen von öffentlichen Vermögen, auch im Rahmen von „Öffentlich Private Partnerschaft"-Modellen (ÖPP), im Landeshaushalt und in den kommunalen Haushalten wie eine Kreditaufnahme behandelt werden müssen.

2. Für eine Bildungsoffensive – gemeinsam mit den Schulen

Die Landesregierung hat die Schulen reformiert, ohne die Betroffenen der Reform einzubinden. Eltern und LehrerInnen klagen über zu wenig Personal und Räume, über zu viel Bürokratie und darüber, dass eine Reform die nächste jagt! Turbo-Abi, Profiloberstufe, jahrgangsübergreifender Unterricht und Binnendifferenzierung, das und mehr sollen Schulen „nebenbei" umsetzen. Nur gemeinsam mit den LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern und Kommunen werden unsere Schulen das, was sie sein sollten: Lernorte, die allen Freude am Lernen vermitteln und dadurch jeder Schülerin und jedem Schüler zur bestmöglichen Entfaltung der eigenen Fähigkeiten verhelfen.

Gemeinsam lernen – eigenverantwortliche Schule

Gemeinschaftsschulen sind für uns die Schulen der Zukunft. Es ist international belegt: gemeinsames Lernen, verknüpft mit der individuellen Förderung der Schulkinder, führt zu besseren Leistungen aller SchülerInnen. Kinder und Jugendliche haben unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten. Wir wollen Schulen, die allen Kindern, unabhängig von Elternhaus oder Herkunft, Hochbegabung oder Handicap, gute Startchancen geben. Dies ist gleichzeitig auch der beste Weg zu einer gelingenden Integration von MigrantInnen-Kindern.

Aber gemeinsames Lernen kann man nicht erzwingen, man muss es gemeinsam erarbeiten. Skandinavien hat es vorgemacht: alle großen Reformen gingen mit Freiheit statt mit Zwang einher. Statt zu verordnen, wollen wir mehr gemeinsam mit den Schulen über Nöte und Veränderungswünsche beraten. Wir wollen mehr Kompetenzen und verbesserte Mitbestimmung an den Schulen und ihnen ein eigenes Budget für Sachkosten und für Personal geben. Wir setzen uns für die ausreichende Finanzierung der freien Schulen ein. Sie sind zumeist klassische Gemeinschaftsschulen und waren häufig Impulsgeber für neue Entwicklungen.

Ganztägig und ganzheitlich lernen in modernen Schulen

Deutlich mehr Schulen sollen zu gebundenen Ganztagsschulen ausgebaut werden, in denen alle Kinder ganztägig gemeinsam unterrichtet werden, ein gemeinsames Mittagessen und Freizeitangebote wahrnehmen können. Kunst, Musik und Theater sind notwendig für eine ganzheitliche Bildung. Deshalb setzen wir uns für eine Stärkung der ästhetischen Fächer ein. Die Kooperation von Schule mit KünstlerInnen, Jugendeinrichtungen und Verbänden im Kulturbereich soll ausgebaut werden. Zu einer zukunftsorientierten Bildung gehört auch die Vermittlung von Wissen über Umwelt und Nachhaltigkeit. Dafür brauchen die Schulen ausreichend Räumlichkeiten, Kantinen, Aufenthaltsräume und Arbeitsplätze für ihre Lehrkräfte. Diese Investitionen müssen Land und Kommunen gemeinsam stemmen. Deshalb schlagen wir vor, im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die Mittel für den Ausbau von Schulen zu erhöhen und zu gleichen Teilen mit Landesmitteln zu ergänzen. Wir wollen die Lehrpläne entschlacken und flexibler gestalten. Die Schulen sollen genügend Spielräume für Eigeninitiative haben.

Für eine flexible Oberstufe

Wir setzen uns dafür ein, dass mehrere Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und berufliche Gymnasien jeweils ein gemeinsames Oberstufenangebot erstellen oder ein Oberstufenzentrum bilden. Dies ermöglicht den SchülerInnen ein breites Angebot von unterschiedlichen Profilen mit großen Wahlmöglichkeiten. An allen Schularten soll das Abitur wahlweise nach zwölf oder dreizehn Jahren erreicht werden können. Wir wollen deshalb das G8-Jahr nicht in der Sekundarstufe I einsparen, sondern in der Oberstufe. In der flexiblen Oberstufe sollen die SchülerInnen je nach Leistungsstand in zwei, drei oder in Ausnahmefällen auch vier Jahren ihr Abitur erreichen können.

Berufsausbildung für alle Jugendlichen

Die Wirtschafts- und Finanzkrise verstärkt die Krise auf dem Ausbildungsmarkt. Schon jetzt erhalten mehr als 15 Prozent der Jugendlichen keine Berufsausbildung. Wir brauchen deshalb ergänzend zur dualen Ausbildung auch staatliche Ausbildungsplätze und Berufsbilder für unterschiedliche Leistungsgrade, damit jeder Jugendliche eine Ausbildung bekommen kann. Die Berufsausbildung soll grundsätzlich nach dem 10. Schuljahr beginnen. Das 10. Schuljahr kann auch als berufsvorbereitendes Jahr mit Theorie und Praktika an der Berufsschule absolviert werden. Für junge Eltern sollte eine Ausbildung in Teilzeit ermöglicht werden. Die öffentlichen Arbeitgeber sollen grundsätzlich alle Ausbildungsplätze für Eltern wahlweise in Teilzeit anbieten. Für Kinderbetreuung an wohnortfernen Schulungsorten muss im Bedarfsfall gesorgt sein.

Wir unterstützen die Entwicklung der beruflichen Schulen zu regionalen Berufsbildungszentren. Diese sollen auch die Möglichkeit bekommen, gemeinsam mit Wirtschaft und Fachhochschulen Ausbildungsgänge mit Bachelorabschluss zu entwickeln. Neben einer Reform der Berufsausbildung und der Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen, ist deren Qualität entscheidend. Die stärker werdende Unzufriedenheit vieler Auszubildenden und ArbeitnehmerInnen nehmen wir Ernst und setzen uns für eine faire Vergütung und humane Arbeitszeiten ein.

Für eine neue Form der Lehrerbildung

Wir wollen LehrerInnen in Zukunft nicht für Schularten, sondern für Altersstufen ausbilden. Den zukünftigen LehrerInnen muss neben dem Fachwissen gleichwertig Pädagogik, Psychologie, sozialmedizinische Diagnostik und Didaktik vermittelt werden. Die Ausbildung soll von Anfang an Praktika beinhalten und zwischen Bachelor- und Masterstudium ein Praxisjahr enthalten, das auf das Ausbildungsjahr an den Schulen angerechnet wird.

Kitas - Orte der frühkindlichen Bildung

Die Kindertagesstätten sollen Orte werden, an denen jedes Kind individuell gefördert und begleitet wird. Dazu gehört auch die frühzeitig einsetzende planmäßige Sprachförderung für die Kinder von MigrantInnen. Die Kitas sollen ganztägige, bedarfsgerechte Öffnungszeiten und integrative Angebote für alle Altersgruppen haben. Sie sind für uns Teil des Bildungssystems. Die Kita der Zukunft kann sich jede Familie leisten. Deshalb muss es in Schleswig-Holstein eine einheitliche Sozialstaffel geben. Unser mittelfristiges Ziel ist die beitragsfreie Kita. In der Kita der Zukunft ist das Frühstücksangebot und eine warme Mahlzeit aus ökologischen Produkten Standard. Kinder haben ein Recht auf gesunde Ernährung. Familien, die dies nicht finanzieren können, müssen unterstützt werden. Schleswig-Holstein ist Schlusslicht bei der Betreuungsquote in Kindertagesstätten. Gerade im ländlichen Raum fehlen oftmals Kitas mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten. Wir werden den Ausbau der Kitas zügig vorantreiben, um die bedarfsgerechte Versorgung mit Ganztagsplätzen und U-3 Plätzen flächendeckend sicherzustellen.

Kitas werden Familienzentren

Die Kita der Zukunft ist auch Familienzentrum und sozialer Treffpunkt in der Nachbarschaft. Kindertagesstätten sind Anlaufstellen für alle Eltern, sie sind Kindern und Eltern vertraut, dort fällt es leichter, Hilfe anzunehmen. Deshalb soll die Unterstützung von Eltern und Kindern - von der bedarfsgerechten Beratung bis zur "Elternschule", von der Sprach- bis zur Frühförderung - in der Kita zusammenlaufen und bestehende Angebote der Familienbildung und Familienhilfe dort vernetzt werden.

Gute Qualität durch gutes Personal

Die Kita der Zukunft erfordert gut qualifizierte Fachkräfte. Wir müssen aktiv für den ErzieherInnenberuf werben, weil wir durch die Schaffung von Krippenplätzen mehr Personal brauchen. Zukünftig sollen mehr Menschen mit Migrationshintergrund und mehr Männer in den Kitas arbeiten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ErzieherInnen in Kindertagesstätten deutlich besser bezahlt werden, damit der Lohn der verantwortungsvollen Aufgabe des ErzieherInnenberufs gerecht wird. Wie in anderen westeuropäischen Ländern müssen wir damit beginnen, ErzieherInnen auf Hochschulniveau auszubilden und regelmäßig fortzubilden.

Demokratische, offene und leistungsstarke Hochschulen

Hochschulen sind Wachstumsfaktoren des 21. Jahrhunderts. Sie brauchen Freiräume gegenüber Forderungen aus Gesellschaft und Politik sowie gegenüber den Verwertungsinteressen von Drittmittelgebern. Sie haben aber auch eine gesellschaftliche Verantwortung.

Wir wollen die Selbstständigkeit der Hochschulen stärken und befürworten die Mitbestimmung von Studierenden, ProfessorInnen und MitarbeiterInnen. Deshalb wollen wir die ministeriellen Vorgaben reduzieren. Wir fordern die Abschaffung des nachträglichen Genehmigungsverfahrens für akkreditierte Bachelor- und Masterstudiengänge sowie eine den Anforderungen der Studierenden und Hochschulen angepasste Kapazitätsverordnung.

Wir bekennen uns ausdrücklich zu den bestehenden drei Universitäten und schleswig-holsteinischen Fachhochschulen sowie der Muthesius-Kunsthochschule Kiel und der Musikhochschule Lübeck mit ihren breiten Studienangeboten und werden uns für deren Weiterentwicklung einsetzen. Gleichzeitig wollen wir, dass Fachhochschulen und Universitäten enger zusammenarbeiten und gemeinsame Studiengänge und Forschungsvorhaben entwickeln. Die hierfür notwendigen Änderungen im Hochschulgesetz werden vorgenommen. Ferner begrüßen wir die Weiterentwicklung des Online-Studienangebots.

Alternative zu Studiengebühren: Hochschullastenausgleich

Die Hochschulen sind dramatisch unterfinanziert und befinden sich mitten in einer Phase des Umbruchs. Wir sprechen uns für eine deutlich bessere Finanzierung der Hochschulen aus, halten die Einführung von Studiengebühren aber für den falschen Weg und lehnen deswegen jegliche Form von Studiengebühren konsequent ab. Studiengebühren schrecken junge Menschen vom Studium ab und verstärken die soziale Benachteiligung. Wir brauchen aber mehr Studierende. Für den Landeshaushalt bedeuten Hochschulen nur Ausgaben, denen wenig direkt messbarer Nutzen gegenübersteht, da nicht sichergestellt ist, dass die AbsolventInnen im eigenen Land bleiben und dort zukünftig Steuern zahlen. Deshalb fordern wir einen Hochschullastenausgleich, der die Kosten für die Hochschulen gerecht auf alle Bundesländer verteilt. Ein solches System bietet zugleich einen Anreiz, mehr Studienplätze im eigenen Land zu schaffen.

Bachelor und Master weiterentwickeln

Die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen hat zwar in einigen Fächern die Studiengänge besser strukturiert, in vielen Fällen jedoch zu einer völligen Überfrachtung der Lehrpläne geführt. Um Studierende zu Eigenverantwortlichkeit und individueller Schwerpunktsetzung zu ermutigen, müssen die Prüfungen in den ersten Semestern reduziert und die Lehrpläne überarbeitet werden. Der Wechsel zwischen Hochschulen - gerade innerhalb Deutschlands - muss erleichtert werden, Auslandaufenthalte, Praktika und zivilgesellschaftliches Engagement müssen auch im Bachelorstudium möglich sein. Die Gesamtdauer von Bachelorstudiengängen soll deutlich flexibler gehandhabt werden. Der Bachelor-Studienabschluss soll ohne Einschränkung die Zugangsvoraussetzung für Masterstudiengänge darstellen. Für Studierende mit Kindern, Berufstätige u. a. muss ein echtes Teilzeitstudium ermöglicht und die Kinderbetreuung an allen Hochschulen sichergestellt werden.

3. Kultur ist kein Luxus sondern Kreativmotor

Die Teilhabe an kulturellen Angeboten muss allen Menschen möglich sein. Kunst und Kultur sind unabdingbar für die Entwicklung einer lebenswerten und gerechten Gesellschaft.

Für uns ist die Förderung von Kunst und Kultur kein verzichtbarer, einzusparender Luxus. Im Gegenteil: Eine neue Bewertung von Kunst und Kultur, verbunden mit einer neuen Prioritätensetzung bei der Vergabe von Haushaltsmitteln, ist eine Voraussetzung, um in allen gesellschaftlichen Bereichen Fortschritte zu erzielen. Denn: Kunst und Kultur fördern die Bildung und sind sinnstiftend. Kulturförderung trägt zudem zur sozialen Prävention und zur Integration bei. Deshalb wollen wir eine langfristige und verlässliche Kulturförderung. Der Kreativbereich ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Internationale Kulturkontakte sind Wegbereiter für wirtschaftliche Verbindungen. Wo es möglich ist, wollen wir ungenutzte landeseigene Immobilien für kreative Klein- und Kleinstunternehmen zur Verfügung stellen.

4. Frauen und Männer

Wir setzen uns für eine geschlechtergerechte Gestaltung unserer Gesellschaft ein. Frauen und Männer müssen die Möglichkeit haben, das Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten, ohne in vorgeformte Geschlechterrollen gedrängt zu werden.

Das landesweite Unterstützungsnetz zur Sexualberatung, Familienplanung und Schwangerschaftskonfliktberatung soll sich deshalb weiter entwickeln können. Erziehungs- und Bildungsangebote, die Mädchen und Jungen gegen jegliche Gewalt, Autoaggression und Sucht stark machen sowie eine jeweils altersgemäße Sexualerziehung und Aufklärung leisten, müssen überall in Kindertagesstätten, Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen selbstverständlich werden.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter und Mütter

Es ist auch heute noch sehr schwierig, eine gleichberechtigte Partnerschaft zu leben. Um sowohl Vätern als auch Müttern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, setzen wir uns für eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Ganztags-Kitaplätzen ein. Wir wollen sowohl Beratungs- als auch Bildungsangebote zur neuen Männer- und Väterrolle, beginnend in der Schule: Zwei „Papa-Monate" reichen nicht für ein ganzes Kinderleben!

Der Fortbestand des erfolgreichen Netzes unabhängiger und kostenloser Beratungsstellen rund um das Thema „Frau und Beruf" muss sichergestellt werden. Dabei geht es um Unterstützung von Existenzgründerinnen und Weiterbildungsangebote sowie Programme zum Wiedereinstieg in den Beruf, die gezielt auf Frauen zugeschnitten sind.

Der von uns bundesweit geforderte Mindestlohn ist gerade für Frauen von zentraler Bedeutung, denn der Frauenanteil im Niedriglohnsektor liegt bei fast 70 Prozent - obwohl die meisten Frauen in diesen Jobs eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium haben.

Die Hälfte der Macht den Frauen

Frauen sind in den höheren Etagen von Wirtschaft und Politik immer noch massiv unterrepräsentiert. Daher ist ein starkes landesweites Netz von professionellen weisungsunabhängigen Gleichstellungsbeauftragten in Kommunen, Hochschulen und öffentlichen Unternehmen weiterhin unverzichtbar. Wir fordern ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft mit einer Frauenquote von 50 Prozent in allen Aufsichtsräten. Um mehr Frauen für Führungspositionen fit zu machen und Erfahrungen weiterzugeben, wollen wir Mentoring-Projekte und Frauennetzwerke aktiv unterstützen.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Parteilisten zur Landtagswahl zur Hälfte mit Frauen besetzt sein müssen. Wir GRÜNEN setzen dieses Prinzip seit Jahren freiwillig um.

Wir begreifen Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe für alle Politikbereiche. Auch und gerade angesichts der Schuldenbremse für öffentliche Haushalte wollen wir vor Finanzentscheidungen prüfen, wie sie sich auf die Lebensrealität von Frauen und Männern auswirken.

Schutz vor Gewalt

Häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen ist insgesamt immer noch ein gesellschaftlich unterschätztes Problem. Deswegen setzen wir uns für die staatliche finanzielle Sicherung des aufgebauten Netzwerks von Frauenfachberatungsstellen gegen Vergewaltigung, Missbrauch und Stalking sowie Frauenhäusern ein und wollen die Zusammenarbeit mit Polizei, Justiz und Jugendhilfe fördern. Verstärkt werden muss auch die präventive Arbeit. Dazu gehört ein flächendeckendes Angebot von Anti-Agressionstrainings, zu denen Täter heute schon verpflichtet werden können und Hilfen für Kinder von Eltern mit Suchtproblemen. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder nicht gegen ihren Willen zum Kontakt mit Eltern verpflichtet werden, von denen sie traumatisiert worden sind.

Volle Anerkennung für gleichgeschlechtliche Liebe

Ziel GRÜNER Politik ist es, gleichgeschlechtliche Liebe als das zu behandeln, was sie ist: vollkommen normal. Wir werden weiterhin gesellschaftliche und gesetzliche Initiativen ergreifen, um die vollständige rechtliche und faktische Gleichstellung für Lesben, Schwule und Transgender zu erreichen und alle Landesgesetze durchgehend überprüfen, ob sie dem Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genügen. Wir werden professionelle Beratungsstellen für die Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Probleme haben oder diskriminiert werden, unterstützen.

5. Neue Wirtschaftspolitik für Schleswig-Holstein

Die Finanzkrise ist zur Wirtschaftskrise geworden und wird Schleswig-Holstein mit voller Wucht treffen. Daher müssen wir den Kompass unserer Wirtschaftspolitik neu eichen. Ökonomie und Ökologie dürfen nicht länger gegeneinander ausgespielt werden. Erdöl und Kohle werden immer teurer. Daher steigt die Nachfrage nach energieeffizienten Gütern und Technologien enorm an. Das eröffnet riesige Chancen für unsere Wirtschaftsbetriebe in Schleswig-Holstein. Nur ein innovatives und nachhaltiges Wirtschaftsklima wird ein qualitatives Wachstum erzeugen. Deshalb wollen wir Förderprogramme auf Technologieförderung, Maßnahmen zur Energiesparung und zur Effizienzsteigerung konzentrieren.

Handwerk hat GRÜNEN Boden

Klimaschutz schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region und macht uns unabhängiger von teuren und zunehmend unsicheren Rohstoffimporten. Nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums können dadurch in den kommenden Jahren in Schleswig-Holstein tausende neue Arbeitsplätze entstehen. Heizen ist so teuer geworden, dass sich energiesparende Maßnahmen an Häusern immer mehr lohnen. Von der Installation von neuen Heizungs- und Solaranlagen über die Altbau-Dämmung bis hin zu Nahwärmenetzen: es gibt viel zu tun für unser Handwerk. Unser GRÜNES Ziel ist es, in den nächsten zehn Jahren alle öffentlichen Gebäude zu sanieren und zu dämmen, den Ausbau erneuerbarer Energien weiter zu fördern, sowie Wärmenetze, Kraft-Wärme-Kopplung und Netzausbau voranzubringen. Zusätzlich muss es Anreize geben, damit der Altbestand im Wohnungsbau zügig umgerüstet wird.

Allianz mit den Familienunternehmen

Schleswig-Holsteins Wirtschaft ist geprägt von überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen - häufig Familienbetrieben. Sie leisten den zentralen Beitrag zur Schaffung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, zeichnen sich durch große Standorttreue aus und können sich häufig rascher als Großunternehmen an veränderte Marktbedingungen anpassen. Sie stehen für langfristiges Denken statt kurzfristige Profite. Wir wollen diese Betriebe unterstützen und setzen uns dafür ein, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden.

Schleswig-Holstein – wo neue Berufe entstehen

Wer die Betriebe im Land besucht, der weiß, wie viel Entdeckergeist dort herrscht. Diese Potenziale wollen wir nutzen, indem wir die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung intensivieren. Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen müssen durch flexible Innovationsnetzwerke eng miteinander verknüpft werden. Wir wollen die Wirtschafts- und Technologietransferzentrale zu einem Think Tank für neue Berufsfelder ausbauen und stärken, hin zu einer Zukunftsagentur, die ihre Sensoren überall hat und verschiedene Sparten und neue Berufe zusammen bringt. Wir wollen alles daran setzen, die Wertschöpfung hier entwickelter Ideen auch im Land zu halten.

Mare Balticum – großes Potenzial für Schleswig-Holstein

Der Ostseeraum stellt eine große Chance für die schleswig-holsteinische Wirtschaft dar. Jetzt müssen in dieser Region die Weichen für eine nachhaltige Wirtschaftsund Umweltpolitik gestellt werden: eine neue, umweltfreundliche Hafentechnik für alle Ostseeanrainer, die Kooperation bei der erneuerbaren Energieversorgung, ein abgestimmtes Meeresschutzprogramm, eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Hochschulen in Europas Nordosten und eine engere Kooperation der Handels- und Handwerkskammern. Der kulturelle Austausch bildet die Grundlage für eine strategische Allianz bei europäischen Fragen und stärkt den Ostseeraum insgesamt.

Ländlichen Raum anschließen

In der nächsten Legislaturperiode müssen alle Orte Schleswig-Holsteins Zugang zu einer schnellen Internetverbindung erhalten. Davon hängt die Existenz und Neugründung vieler Betriebe in der Fläche ab. Wir werden uns zudem für eine tägliche Grundversorgung mit Post- und Bankdiensten einsetzen.

Tourismus der Regionen

In Schleswig-Holstein erzielt die Tourismuswirtschaft mit 130.000 Arbeitsplätzen einen Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Euro. Um dem Trend rückläufiger Übernachtungen entgegenzuwirken, muss Schleswig-Holstein die touristische Infrastruktur ausbauen und behutsam in die vorhandene Natur und Kultur einfügen. Die Besonderheiten unseres Landes - schöne Strände, Seen, Naturlandschaften, das Weltnaturerbe Wattenmeer, historische Städte, idyllische Dörfer - sind touristische Pfunde, mit denen das Land wuchern kann. Um diesen Schatz zu heben, brauchen wir, neben guten Vermarktungsstrategien, eine Qualitätsoffensive.

6. Energiewende für Schleswig-Holstein

Der Klimawandel ist keine abstrakte Bedrohung mehr, die Erwärmung der Erde ist längst konkrete Realität. Unsere Formel für eine GRÜNE Energiewende lautet: „E hoch 3 - Einsparen, Effizienztechnologie und erneuerbare Energie". Für uns kommt ein Rückfall hinter den Atomausstiegskonsens nicht in Frage. Im Gegenteil: Wir wollen das Atomrecht so verschärfen, dass die Privilegien der AKWBetreiber endlich abgeschafft werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgt schon jetzt so schnell, dass eine Stromlücke nicht zu befürchten ist. Deshalb gibt es weder einen Bedarf für die risikosteigernde Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke noch für neue klimaschädliche Kohlekraftwerke. Krümmel und Brunsbüttel dürfen nicht wieder ans Netz gehen!

Die im Wesentlichen auf dezentralen Strukturen basierende nicht-fossile-Energieerzeugung ist klimapolitisch notwendig und führt zu einer erheblichen Steigerung der regionalen Wertschöpfung. Um den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern, werden wir alle rechtlichen Instrumentarien - einschließlich der Landesplanung, nutzen - und gegebenenfalls gesetzliche Änderungen vornehmen.

Wettbewerb auf dem Energiemarkt stärken

Die den Kommunen von der E.ON Hanse angebotene Kapitalbeteiligung an deren Netzgesellschaften fördert in keiner Weise den notwendigen Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Diesem Versuch einer Fortschreibung der Monopolbildung seitens der E.ON Hanse erteilen wir eine klare Absage und fordern eine faire Ausschreibung der auslaufenden Netzkonzessionen. Wir setzen uns für eine unabhängige Beratung der Kommunen bei der Vergabe von Wegerechten für Netze (Netzkonzessionen) ein.

100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie

Mit einem Anteil von 30 Prozent war Schleswig-Holstein einmal Vorreiter bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien - jetzt liegen wir nur noch auf Platz vier. Wir wollen in den nächsten Jahren Schleswig-Holstein wieder an die Spitze bringen. Dies ist keine technische, sondern eine politische Aufgabe. Dazu wollen wir den in Deutschland so erfolgreichen Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien an Land weiter zügig fortsetzen. Ergänzend wollen wir den Ausbau der Windenergie auf See, einen leistungsfähigen überregionalen Austausch mit Hilfe eines 'europäischen Netzwerkes', Strom aus solarthermischen Kraftwerken sowie eine gezielte Nutzung bestehender Speicher und den Bau neuer Energiespeicher. Zudem fordern wir, dass alle öffentlichen Einrichtungen in Schleswig-Holstein erneuerbare Energie beziehen.

Ausbau der Windenergie voranbringen

Der Windenergieausbau ist das Flaggschiff Schleswig-Holsteins! Wir wollen die Debatte um den Landesentwicklungsplan nutzen, um neue Flächen für die Windenergie festzulegen, das repowering stärker zu unterstützen und Testflächen für neue Anlagen zur Verfügung stellen. Wir unterstützen die Kreise bei der Flächenfindung insbesondere auch in dem Anliegen, Bürgerwindparks zu errichten. Bei der Ausweisung neuer Eignungsräume sind die Belange der Menschen, des Naturschutzes, des Tourismus, der Landwirtschaft und andere Flächenansprüche sorgfältig zu prüfen. Wenn so neue Windgebiete geschaffen werden können, wollen wir das unterstützen, insbesondere wenn die Kommunen und die Menschen in den betroffenen Gebieten dies so wollen. Dabei sollen abstrakte landesplanerische Größen (z.B. ein Prozent der Ländesfläche) dem nicht entgegenstehen. Wir wollen, dass endlich die längst genehmigten Offshore-Windparks gebaut werden. Darüber hinaus ist eine Stärkung der Hafenstandorte ebenso erforderlich wie der Ausbau des Aus- und Weiterbildungsbereichs. Wir treten dafür ein, die Offshore-Windenergie mit der gesamten maritimen Wirtschaft des Landes zu verbinden.

Kraft-Wärme-Kopplung statt Kohlekraftwerke

Wir setzen auf eine Erhöhung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Anteils. Die Kommunen sollen ihre kommunale Planungshoheit nutzen, um kommunale Wärmenetze anstelle von Einzelheizungen in Wohngebieten zu schaffen. Dazu wollen wir Rahmenbedingungen für eine landesweit koordinierte Wärmeplanung schaffen. Der Einsatz von Biogas zum Heizen ohne gleichzeitige Stromproduktion durch Kraft-Wärme-Kopplung ist für eine effiziente Energieversorgung kontraproduktiv. Die lokalen Wärmenetze werden gespeist durch Solarkollektoren und Blockheiz- kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energien sowie übergangsweise auf Erdgasbasis. Überschusswärme im Sommer und aus Produktionsbetrieben vor Ort soll zunehmend in Langzeitwärmespeichern für den Winter zwischengespeichert werden bzw. zur Kälteerzeugung im Sommer genutzt werden.

Netze ausbauen

Um eine 100-prozentige Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien zu erzielen, reichen die Stromnetze, die von den großen Energieversorgern betrieben werden, nicht aus. Deshalb fordern wir die strikte Trennung der Höchst- und Hochspannungsnetze von den Energieerzeugern und deren Betrieb und Ausbau in einer öffentlich-rechtlichen Netzgesellschaft. Ein konsequenter und schneller Ausbau für Hoch-, Mittel- und Niederspannungsebene grundsätzlich als Erdkabel ist notwendig, um Strom aus Windenergie voll nutzen zu können. Durch eine intelligente Netzsteuerung sowie den ergänzenden Aufbau einer neuen leistungsfähigen europaweiten Vernetzung, wird ein wichtiger Beitrag zur stabilen Versorgung mit erneuerbaren Energien geleistet.

Erneuerbare Wärme für unsere Häuser

50 Prozent des gesamten Energieaufwandes werden in Schleswig-Holstein für die Beheizung von Gebäuden benötigt. Deshalb wollen wir die Vorgaben der Energieeinsparverordnung und des Wärmegesetzes auch auf Häuser im Bestand übertragen und erreichen, dass jährlich 2,5 Prozent des Altbaubestandes wärmetechnisch saniert werden. Damit dies auch im Bereich der Kulturdenkmale gelingt, wollen wir für einen fairen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Anspruch auf Erhalt der Kulturdenkmale und dem Anspruch der Eigentümer auf wirksame Energieeinsparung sorgen.

Heizen und Warmwasserbereitung beruhen immer noch überwiegend auf fossilen Brennstoffen. Im Interesse des Klimaschutzes werden wir deshalb eine anteilige Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie bei Wohngebäuden und öffentlichen Gebäuden verbindlich über ein landeseigenes „Erneuerbare Energien- und Wärme- Gesetz" als Standard einführen.

Schleswig-Holstein ist keine Treibhausgasdeponie

Mit der CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) wollen die Energiekonzerne Kohlendioxid aus den Abgasen von Kohlekraftwerken abtrennen und unterirdisch speichern. Diese Technik ist nicht erprobt, sie verschlechtert den Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken massiv und ist deshalb ökologisch und ökonomisch ein Irrweg. Wir erteilen deshalb allen Plänen, die Abgase aus Kohlekraftwerken im schleswigholsteinischen Untergrund zu lagern, eine klare Absage.

Energiesparen im Haushalt

Um Energie zu sparen und die VerbraucherInnen dauerhaft von zu hohen Energiekosten zu entlasten, wollen wir auch beim Verbrauch ansetzen und Energiesparinvestitionen erleichtern. Dabei müssen auch einkommensschwache Haushalte von öffentlichen Förderprogrammen profitieren können. Mit einer Bundesratsinitiative wollen wir erreichen, dass Zuschüsse zur Anschaffung besonders effizienter Haushaltsgeräte ausgezahlt werden können. Eine regelmäßige Verschärfung der Effizienzklassen muss Bestandteil des Förderprogramms sein. Mit einem Prämienprogramm wollen wir für den Austausch von alten ungeregelten Umwälzpumpen in den Heizungsanlagen sorgen.

7. Für eine ökologische Verkehrspolitik

Mobil sein will Jede und Jeder - und die Anforderungen an Mobilität sind hoch. Die Zukunft der Mobilität liegt in der zunehmenden Unabhängigkeit von fossiler Energie. Deswegen treten wir für die Weiterentwicklung und Verwendung innovativer Fahrzeugantriebe ein. Gleichzeitig müssen die Alternativen zum Individualverkehr erheblich ausgebaut werden.

Verkehrspolitik ist mehr als Straßenbau

Das Land muss seine Verkehrsinfrastruktur so ausbauen, dass sie den Erfordernissen der Zukunft entspricht. Deshalb ist es Unsinn, den Straßenbau unverdrossen voranzutreiben. Wir sprechen uns nach wie vor gegen den Bau der festen Fehmarn- Belt-Brücke und der A20 nach Westen über die A 21 hinaus aus, da diese Projekte verkehrlich fragwürdig und unter finanziellen wie ökologischen Gesichtspunkten nicht zu vertreten sind. Eine Realisierung künftiger Straßenbauprojekte werden wir im Hinblick auf den verkehrlichen Nutzen auch im Zusammenhang mit den anderen Verkehrsträgern, der Finanzierbarkeit und den ökologischen Auswirkungen auf den Prüfstand stellen.

Wir setzen uns für Tempo 120 als Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen ein und werden eine entsprechende Bundesratsinitiative starten.

Öffentlicher Personennahverkehr auf Schiene und Straße

Neben der Entwicklung sparsamer Automobile, von Elektroautos oder Hybridfahrzeugen liegt die Zukunft der Mobilität in einem bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehr. Hier kommt es auf attraktive Angebote für alle Zielgruppen an: in den Städten und auf dem Land, für die BerufspendlerInnen, aber auch für den Freizeitverkehr und den Tourismus.

Wir GRÜNE haben mit dem Schleswig-Holstein-Tarif die Zusammenfassung der verschiedenen Verkehrsträger des ÖPNV in Schleswig-Holstein in einem Ticket durchgesetzt. Darauf wollen wir aufbauen. Um die Attraktivität weiter zu steigern braucht auch der Schleswig-Holstein-Tarif die Möglichkeit einer 50-prozentigen Ermäßigung auf den Fahrpreis.

Ferner fordern wir, dass in Schleswig-Holstein, so wie in den meisten Bundesländern, ein Single-Länderticket eingeführt wird.

Bei den Infrastrukturprojekten gibt es für uns folgende Schwerpunkte: Die Stadtregionalbahn Kiel ist ein wichtiges Leitprojekt für die gesamte KERN-Region. Im Großraum Lübeck soll ausgehend von den bereits vorhandenen Bahnhöfen eine Stadtbahn entwickelt werden. Die Infrastruktur und das Angebot in der Metropolregion Hamburg müssen weiter verbessert werden. Dazu zählen insbesondere die Strecken nach Bad Oldesloe (S-Bahnlinie 4), die zwischen Pinneberg und Elmshorn und die S-Bahn nach Büchen, sowie der Metroexpress auf der Achse Hamburg HBFHH Flughafen-Norderstedt-Neumünster.

Zudem wollen wir die Bahnhofssanierungen und die Planungen für die Kanaltunnel bei Rendsburg vorantreiben. Durch eine konsequente Fortsetzung des Ausschreibungswettbewerbs wollen wir Qualität und Takt im Schienenverkehr weiter verbessern. Zur Verbesserung der Anbindung des Landesteils Schleswig an den überregionalen Bahnverkehr muss es wieder eine schnellere Verbindung zwischen Flensburg und Hamburg geben. Zudem setzen wir uns für eine Verbesserung der Verbindungen nach Dänemark ein. Das Schienenverkehrsnetz soll mit einem leistungsfähigen überregionalen Busnetz ergänzt werden.

Güterverkehre auf die Schiene und das Wasser

Wir wollen Güterverkehre auf die Schiene und auf das Wasser verlagern. Dazu wollen wir die Strecke Brunsbüttel-Wilster elektrifizieren und die Osttrasse um Hamburg (Neumünster, Oldesloe, Billstedt) herum ausbauen. Ein Feeder-Schiff mit 500 Containern erspart eine 18 km lange LKW-Schlange. Deshalb wollen wir die Häfen ausbauen, Schienenanschlüsse verbessern, die Schiffe im Hafen mit sauberem Strom versorgen und uns für die Abschaffung von hochgiftigen Schwerölen als Treibstoff einsetzen.

Wir unterstützen den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK). Wir GRÜNE setzen uns in Bund und Land dafür ein, die kontraproduktiv überteuerten Kanalgebühren des NOK zukünftig vom 'Baltic Dry Index' und dem Tagesrohölpreis in Rotterdam abhängig zu machen, damit viele Schiffe nicht den günstigeren Umweg über Skagen/ DK nehmen, anstatt den NOK zu benutzen. Beim Elbe-Lübeck-Kanal unterstützen wir den Aus- oder Neubau der Brücken und Schleusen. Gemeinsam mit den anderen norddeutschen GRÜNEN fordern wir ein abgestimmtes norddeutsches Hafenkonzept: Tiefseehafen soll Wilhelmshaven sein. Deshalb lehnen wir eine weitere Vertiefung der Unterelbe ab.

Mit dem Fahrrad mobil

Der Fahrradverkehr kann in Zukunft vor allem im innerörtlichen Verkehr eine wichtige Rolle spielen. Hierzu werden wir das Programm „Mit dem Fahrrad mobil" auflegen. Wichtige Schritte sind mehr Fahrradstreifen auf Straßen, Fahrradampeln, die Einrichtung von Fahrradstraßen und von straßenunabhängigen Verkehrsachsen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen. Das überörtliche Radwegenetz, das unter der letzten GRÜNEN Regierungsbeteiligung erfolgreich ausgebaut wurde, soll vervollständigt werden. Die Möglichkeiten der Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln müssen verbessert werden.

Keine öffentlichen Gelder für neue Flughäfen

Flugverkehr gehört zu den Hauptverursachern des Klimawandels. Deswegen lehnen wir die Steuerfreiheit für Flugbenzin und Subventionen für Flughäfen ab. Der Hauptflughafen für Schleswig-Holstein ist der Hamburger Airport. Den Ausbau der Standorte Lübeck und Jagel lehnen wir ebenso ab, wie die Reanimierung von Kiel- Holtenau oder einen neuen Großflughafen in Kaltenkirchen. Die Krise des Lübecker Flughafens, ausgelöst durch nicht kostendeckende Flughafengebühren, ist keine, für die die öffentliche Hand gerade stehen soll. Erweiterungen des Flughafens Lübeck lehnen wir ab. Wir streben die Änderung der Betriebsgenehmigung als 'Verkehrslandeplatz für die allgemeine Luftfahrt´ mit kostendeckenden Nutzungsentgelten an.

8. Unsere Umwelt bewahren und schützen

Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, ist geprägt von einer vielfältigen Landschaft mit einzigartigen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere. Diesen Reichtum an wertvoller Kultur- und Naturlandschaft wollen wir bewahren und schützen. Zwei Drittel aller Amphibien, jede zweite Vogelart und jede zweite höhere Pflanze sind in unserem Land gefährdet oder bereits ausgestorben. Über 70 Prozent der heimischen Lebensräume sind bedroht und vier von fünf Fließgewässern sind deutlich verändert. Biodiversitätspolitik muss daher als Querschnittsaufgabe verstanden und konsequent umgesetzt werden.

Schutzgebiete und Biotopverbundsysteme konsequent ausbauen

Einst vorbildlich in Deutschland liegt Schleswig-Holstein nunmehr mit nur 2,7 Prozent streng geschützten Naturschutzgebieten bundesweit hinten. Wir werden den weitgehenden Stopp der Ausweisung von Schutzgebieten aufheben. Bis 2015 wollen wir die Managementpläne für die europäisch geschützten NATURA-2000- Gebiete fertig stellen und die wertvollen Gebiete langfristig sichern. Mit einem Renaturierungsprogramm wollen wir Lebensräume, die CO2-Senkenfunktion haben, wie Moore, natürliche Wälder und Feuchtgrünland wieder entwickeln. Biotope müssen vernetzt sein, damit Arten wandern können. Auch die gewachsene Kulturlandschaft muss als Teil des Systems entwickelt werden. Daher unterstützen wir die Verbindung von Schutzgebieten. Wir streben an, der Natur auf 15 Prozent der Landesfläche Vorrang vor Landwirtschaft und Straßenbau zu geben.

Flächenverbrauch stoppen

Um die fortschreitende Zersiedelung und Versiegelung von Flächen zu stoppen, wollen wir der innerstädtischen Entwicklung Vorrang geben gegenüber dem Bauen auf der grünen Wiese. Ausgleichsmaßnahmen dürfen nicht zum Ablasshandel verkommen, indem bei Baumaßnahmen einfach Abgaben gezahlt werden. Auch auf Wirtschaftsflächen kann und muss der Naturschutz eine wichtige Rolle spielen. Mittelfristig wollen wir beim Flächenverbrauch die Trendwende einleiten und fordern deshalb eine ökologische Neuausrichtung der Landesplanung.

Wälder naturnah und nachhaltig bewirtschaften

Schleswig-Holstein ist das waldärmste Flächenland in der Bundesrepublik. Wir wollen den Waldanteil an der Landesfläche von derzeit rund zehn auf zwölf Prozent erhöhen. Die Bewirtschaftung der Landeswälder soll wieder konsequent naturnah nach dem FSC-Siegel erfolgen und am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Wir wollen die Wälder für Erholungssuchende, NaturfreundInnen, TouristInnen und Waldkindergärten offen halten und lehnen ein generelles Wegegebot ab.

Knicks wirksam schützen

Knicks sind artenreiche Lebensräume und typisch für weite Teile der Agrarlandschaft Schleswig-Holsteins. Von 1950 bis 2004 wurden 30.000 Kilometer dieser wichtigen Biotope zerstört. Wir wollen die Knickpflege zukünftig wieder nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten verbindlich regeln. Für die Beseitigung von Knicks fordern wir einen Ausgleich in doppelter Länge.

Mehr Natur an Flüssen und Seen

Die Renaturierung der vielfältigen Flüsse, Seen und Feuchtgebiete im Rahmen der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist eine der wichtigsten Maßnahmen der kommenden Jahre und eine große Chance. Dabei hat für uns der Flächenankauf, um Flüssen wieder mehr Raum zur natürlichen Entwicklung zu geben, Vorrang vor technischen Maßnahmen. Um die Wasserlebensräume wieder herzustellen, fordern wir Extensivierung oder Einstellen der Unterhaltung der Fließgewässer, ein Zulassen natürlicher Fließgewässerdynamik und extensivierte Nutzung der Überschwemmungsbereiche.

Grundwasser schützen

Ein jahrzehntelang nahezu flächendeckender Einsatz von Agrarchemikalien auf den Feldern hat zu enormen Belastungen des Grundwassers geführt. Mit einer Landesdüngeverordnung wollen wir ein zeitgemäßes und ökologisches Gülleausbringungsverfahren zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft werden las- sen und damit eine messbare Reduzierung der Schadstoffeinträge erreichen. Wir setzen uns für ein lückenloses Messnetz in der Umgebung wassergefährdender Standorte, wie der Deponie Schönberg, ein. Eine Grundwasserkontamination muss rigoros verhindert werden.

Meere und Küsten schützen

Der Küstenschutz muss im Angesicht des durch den Klimawandel beschleunigten Meeresspiegelanstiegs neue, flexible Strategien entwickeln, die die Kräfte der Natur einbinden, anstatt sie auszugrenzen und den Schutz der Menschen vor Sturmfluten wie den Schutz des einmaligen Naturraums Wattenmeer sicherstellen. Sandvorspülungen und Überlaufdeiche sollen gegenüber Steinbauwerken und Buhnen bevorzugt werden.

Aufgrund der Vielzahl von durchgerosteten Minen und Granaten aus den beiden Weltkriegen, die immer noch auf unserem Meeresgrund liegen, fordern wir endlich eine Klärung der Zuständigkeiten, die Offenlegung der Versenkungsgebiete, eine Meldepflicht für alle Funde und Unfälle, die Kennzeichnung von Gefahrenzonen sowie den Beginn einer systematischen Erkundung, Sicherung und Bergung.

Keine Ölbohrungen im Wattenmeer

Das schleswig-holsteinische Wattenmeer ist als Nationalpark und Weltnaturerbe unser höchst geschütztes Naturgut. Die Ölförderung im Wattenmeer schädigt und bedroht diesen hoch sensiblen Lebensraum und ist mit dem Schutzstatus des Nationalparks nicht vereinbar. Wir lehnen eine Ausweitung der Ölförderung ab und fordern mittelfristig deren Einstellung.

Fischerei

Meerestiere brauchen Schutz und Fischbestände müssen sich erholen können. Wir setzen uns für 30prozentige fischereifreie Zonen in allen Meeresgebieten und für zwei Drittel unbefischte Flächen im Nationalpark Wattenmeer ein. Fischereifreie Zonen dienen nicht nur dem Naturschutz, sondern führen auch zu besseren Fangerträgen in angrenzenden Gebieten. Das ökologische Gütesiegel MSC und die ortsansässigen Fischer sollen gestärkt werden. Wir wollen darüber hinaus den Dialog zwischen Naturschutz und Fischerei vorantreiben.

Den Tieren eine Stimme geben

Wir wollen ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände, die analog zum Verbandsklagerecht im Naturschutz die Möglichkeit erhalten, juristisch gegen Verstöße vorzugehen. So wollen wir den Tieren eine Stimme geben, und erreichen, dass den Bedürfnissen der Tiere bei Genehmigungsverfahren und im Vollzug besser entsprochen wird. Unwürdige Zustände bei Haltung und Transport von Tieren werden wir weiter bekämpfen.

Naturnahe Jagd

Die Jagd auf frei lebende Tiere ist nur dann zulässig, wenn es einen vernünftigen Grund dafür gibt, sie ökologisch vertretbar ist, sie den Erfordernissen des Tierschutzes entspricht und die getöteten Tiere einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden. Tiere, die in ihrem Bestand gefährdet sind, dürfen nicht bejagt werden. Die Ausweitung der Jagdzeiten und die Erweiterung der Liste der jagdbaren Arten durch die Große Koalition werden wir rückgängig machen. Wir lehnen den Abschuss von Haustieren sowie den Einsatz von Fallen ab und setzen uns für ein Verbot bleihaltiger Munition ein. Die Jagd in Schutzgebieten soll nur dann zulässig sein, wenn sie den Schutzzielen dient.

9. Vorrang für eine nachhaltige, bäuerliche Landwirtschaft

Schleswig-Holstein ist ein überwiegend ländlich strukturiertes Bundesland. Die Landwirtschaft ist nicht nur ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, sie trägt auch eine hohe Verantwortung für die Erhaltung unserer Natur. Unser Ziel ist deshalb der Erhalt und die Förderung einer naturverträglichen und tiergerechten umwelt- und klimaschonenden sowie gentechnikfreien Landwirtschaft. Unser Leitbild ist die ökologische Landwirtschaft.

Agrarförderung neu gestalten

Wir wollen möglichst viele Betriebe für diese Aufgaben erhalten und damit Arbeitsplätze und Infrastruktur im ländlichen Raum sichern. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die jetzige Agrarförderung stärker auf diese Ziele ausgerichtet wird. Die Vermarktung regionaler Produkte und die Wertschöpfung vor Ort wollen wir fördern.

Wir wollen schrittweise den Ausstieg aus der Massentierhaltung ermöglichen. Dazu muss die Genehmigung von Stallanlagen an eine ausreichend große, selbst bewirtschaftete Fläche und die Investitionsförderung an artgerechte Tierhaltung gebunden werden. Wir wollen die bäuerlichen Milchviehbetriebe erhalten und setzen uns für die Weiterentwicklung der Milchquote zu einer nachfrageorientierten Mengenregulierung ein.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die jetzige Agrarförderung auf die drängenden Zukunftsaufgaben ausgerichtet wird. Dazu gehört ein besserer Klima-, Umwelt-, Natur-, und Tierschutz, der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen und der Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten. Die bisherige gute fachliche Praxis muss grundlegend überarbeitet, ökologisch weiterentwickelt und angepasst werden.

Ökologischen Landbau stärker fördern

Die Landwirtschaft hat eine große Verantwortung für den Erhalt der biologischen Vielfalt, der Bodenfruchtbarkeit, für den Wasserschutz, die Bewahrung der Kulturlandschaft sowie für die Produktion gesunder Lebensmittel in der Region. Unser Leitbild ist deshalb der ökologische Landbau. Die konventionelle Landwirtschaft muss in die Lage versetzt werden, sich diesem Leitbild anzunähern. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Betriebe auf Ökolandbau umstellen und die ökologisch bewirtschaftete Fläche deutlich zunimmt. Es müssen Anreize geschaffen werden, um den Einstieg in den Ökolandbau zu ermöglichen und Höfe in der ökologischen Landwirtschaft zu halten. Hierfür sollten Mittel aus den EU-Direktzahlungen in die Förderung des ländlichen Raumes überführt werden.

Schleswig-Holstein gentechnikfrei

Schleswig-Holstein soll wieder Mitglied im Bündnis der gentechnikfreien Regionen werden. Gentechnik in der Landwirtschaft ist für uns wegen der damit verbundenen Risiken für Umwelt und Gesundheit ethisch nicht vertretbar. Die Agro- Gentechnik reduziert die biologische Vielfalt, freigesetzte gentechnisch veränderte Organismen halten sich nicht an Grenzen und werden nach und nach alle Naturräume kontaminieren.

Biomasse nachhaltig nutzen

Die Nutzung der Biomasse bildet ein wichtiges Standbein der erneuerbaren Energieerzeugung. Der Einsatz von Biomasseanlagen ohne gleichzeitige Kraft-Wärme- Koppelung ist für eine effiziente Energieerzeugung kontraproduktiv. Neben allen Vorteilen, die die Biomasse bietet, wie vielfältige Nutzbarkeit, zeitliche Verfügbarkeit, Einsparung von Treibhausgasemissionen, stehen auf der anderen Seite auch gravierende Nachteile und ökologische Zielkonflikte, wie die Flächenkonkurrenz zwischen dem Anbau von Bioenergie und Nahrungsmitteln. Maismonokulturen zur Gewinnung von Biomasse lehnen wir ab. Wir wollen dagegen, dass bei der Biomassenutzung die Rest- und Abfallstoffe sowie Grünschnitt Vorrang genießen.

10. Gesundheit, Prävention und Pflege

Das Gesundheitswesen steht insbesondere durch die demografische Entwicklung vor großen Umbrüchen. Zugleich ist aber der Gesundheitssektor einschließlich Pflege, Wellness, Medizintechnik und Reha-Einrichtungen der größte Wirtschaftszweig in Schleswig-Holstein. Die medizinischen Fakultäten, die Universitätsklinika und das Forschungszentrum Borstel bilden auch das wichtigste Hochschulcluster des Landes.

Deswegen sehen wir den Gesundheitssektor nicht nur als Kostenfaktor, sondern als große Chance mit hoher Bedeutung sowohl für die Lebensqualität wie auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Medizinische Versorgung

Wir setzen uns für ein Versorgungssystem ein, in dem ambulante, teilstationäre, stationäre, ärztliche, pflegerische und der Rehabilitation dienende Angebote patientenorientiert eng zusammenarbeiten. Gerade aufgrund der demografischen Altersentwicklung muss eine wohnortnahe Versorgung - auch im ländlichen Raum - sichergestellt werden. Prävention und unabhängige Information für PatientInnen müssen einen höheren Stellenwert bekommen.

Um diese Ziele zu erreichen, werden wir regionale Gesundheitskonferenzen unter Beteiligung von Gesundheitsämtern, Krankenhäusern, Vertretern der Gesundheitsberufe und der PatientInnen sowie der Kommunalpolitik einrichten. Wir wollen, dass die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein endlich eine auskömmliche Finanzierung durch die Kostenträger erhalten und fordern deshalb bundesweit einheitliche Kostenvergütungen für dieselbe Erkrankung. Wir lehnen eine Privatisierung der Universitätsklinika ab, da eine Trennung von normalem Krankenhausbetrieb, Forschung, Lehre und Maximalversorgung nicht möglich ist. Außerdem besteht bei einer Privatisierung von Dienstleistungen immer die Gefahr von Lohndumping.

Die Krankenhausplanung und -finanzierung wollen wir eng mit den Kreisen und kreisfreien Städten abstimmen. Wir treten für den Erhalt öffentlicher und freigemeinnütziger Krankenhäuser ein. Wir sind gegen einen weiteren Stellenabbau beim Personal in den Krankenhäusern.

Pflege

Der Bedarf der Gesellschaft an professioneller Pflege wird sich durch die demografische Entwicklung und den Wandel des Krankheitsspektrums erhöhen. Der Ausbau menschenwürdiger Pflegeangebote ist deshalb eine der großen Herausforderungen, denen sich Land und Kommunen stellen müssen. Wir GRÜNE setzen dabei auf ambulante Angebote, gekoppelt mit Wohnungsangeboten in Ortszentren, die möglichst auch altersgemischt sind.

Psychische Erkrankungen und Demenz

Bedeutung und Umfang der psychischen Erkrankungen sind der Gesellschaft erst nach und nach bewusst geworden. Deshalb hinkt die Versorgung mit ambulanten und stationären Angeboten immer noch erheblich hinterher. Um unnötige Klinikeinweisungen zu vermeiden, unterstützen wir die Einführung einer intensiven ambulanten Behandlung im häuslichen Umfeld, den Aufbau von gemeindenahen Kriseninterventionszentren und von Tageskliniken.

Das Land muss im Rahmen der Psychiatrieplanung seine Verantwortung stärker wahrnehmen, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Für Demenzkranke muss es mehr Angebote geben - auch mit dem Ziel, dass diese möglichst lange in ihrem sozialen Umfeld bleiben können.

Suchtpolitik

Alkohol- und andere Suchtkrankheiten schaden nicht nur der Gesundheit, sondern können Familien zerstören, zu Arbeitslosigkeit und Kriminalität führen. Deswegen brauchen wir sowohl eine konsequente Prävention als auch eine vernetzte, wohnortnahe Behandlung und Beratung. Dazu gehören ebenso entschiedene Maßnahmen gegen das Komasaufen.

Wir unterstützen die Substitution für opiatabhängige Menschen und setzen uns für die Behandlung mit Diamorphin - „Heroin auf Rezept" - ein, da sie in bestimmten Fällen mehr Erfolg verspricht. Unser Engagement für einen konsequenten Nichtraucherschutz werden wir fortsetzen.

11. Aufbruch in der Sozialpolitik

Die Finanz- und Wirtschaftskrise, mit neuer Arbeitslosigkeit und erneutem Druck auf die Schwächsten der Gesellschaft, verschärft die soziale Spaltung. Sie spitzt zu, was Globalisierung, demografischer Wandel, Individualisierung und Massenerwerbslosigkeit schon längst haben Realität werden lassen: Unser Zusammenleben verändert sich und braucht eine neue Ordnung, eine Neuausrichtung unserer sozialen Systeme. Eine moderne, solidarische, gerechte und nach vorn gewandte Sozialpolitik ist überfällig. Eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und nachhaltige Verhinderung von Armut ist der Zugang zu Arbeit. Arbeit darf nicht verkürzt als Erwerbsarbeit definiert werden, auch Freiwilligenarbeit ist wichtige Arbeit, die geleistet werden muss und Unterstützung bedarf.

Hilfen aus einer Hand

Bei der Unterstützung von Arbeitslosen halten wir an dem Prinzip der „Hilfe aus einer Hand" fest. Die Hartz IV-Gesetze müssen geändert werden: die Hartz IV-Sätze müssen auf das Existenzminimum von 420 Euro erhöht werden. Die Zuverdienstmöglichkeiten müssen erweitert werden: Jeden zweiten Euro sollen Zuverdienende behalten dürfen. Darüber hinaus muss es einen individuellen Anspruch für jeden einzelnen Menschen auf Transferleistung geben. Die Bedarfsgemeinschaften wollen wir abschaffen.

Um die Arbeitsvermittlung zu verbessern, muss die kommunale Kompetenz gestärkt werden. Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen müssen ausgebaut werden und individuell auf die erwerbslosen MitbürgerInnen zugeschnitten sein. Konzepte zur Integration Langzeitarbeitsloser sind so zu gestalten, dass die Betroffenen auf feiwilliger Basis Perspektiven für sich entwickeln können. Die Maßnahmen sind einer ständigen Überprüfung zu unterziehen, die nicht nur auf das Ziel Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet ist, sondern auch Teilerfolge berücksichtigt.

Alle Kommunen sollen die Möglichkeit haben, die Arbeitsvermittlung selbst zu übernehmen - so wie es z.B. in Nordfriesland schon der Fall ist -. Dabei ist eine Verknüpfung aller sozial-, arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Angebote vor Ort sicherzustellen. Freien Trägern sollen die Kosten für Hartz IV-Beratung erstattet werden.

Eine neue Kindergrundsicherung soll das Existenzminimum der Kinder absichern und darf nicht mit dem Lebensunterhalt der Eltern verrechnet werden.

Menschlich und nah

In Not geratene Menschen sind darauf angewiesen, dass es ein faires Miteinander zwischen ihnen und den Behörden gibt. Dazu ist eine ganze Reihe kleiner Schritte notwendig: Bescheide müssen verständlich und eindeutig formuliert sein, die Überprüfungsmaßstäbe müssen objektiv und transparent sein, die Bewertungen für Sachleistungen, Heizkosten etc. müssen sich am tatsächlichen Bedarf orientieren. Die AnsprechpartnerInnen sollten möglichst wenig wechseln und für alle Bereiche zuständig sein.

Mindestlöhne als sozialstaatliches Korrektiv

Menschen müssen von ihrem Lohn ihr Leben nicht nur bestreiten, sondern auch gestalten können. Wir fordern die Einführung von branchenspezifischen Mindestlöhnen, die durch einen allgemeinen, flächendeckenden und gesetzlich verankerten Mindestlohn ergänzt werden sollen. Der Mindestlohn soll mittelfristig so hoch sein, dass der Nettolohn zumindest bei Vollzeiterwerbstätigkeit deutlich über der Armutsgrenze eines Alleinstehenden liegt, was heute einem Brutto-Stundenlohn von wenigstens 7,50 Euro entspricht.

Kinderexistenzsicherung

Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland ist skandalös. Statt Ehegattensplitting, Kindergeld und Steuerfreibeträgen fordern wir eine Kindergrundsicherung. Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein! Dies muss politisch thematisiert werden! Wir unterstützen deshalb die Volksinitiative der Sozialverbände, des Kinderschutzbundes und der Arbeiterwohlfahrt in ihrem Ziel, Schutz vor Kinderarmut in die schleswig-holsteinische Landesverfassung zu schreiben. Wir wollen nicht akzeptieren, dass Kinder aus finanziellen Gründen von Ferienmaßnahmen, Freizeitangeboten, Klassenfahrten, Essen in Schulen sowie Kitas und anderen schulischen Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Daher werden wir uns bis zur Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes für Kinder durch die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Kinder mit Hilfe von Land und Kommunen an diesen Angeboten teilnehmen können.

Den demografischen Wandel als Chance begreifen

Wir werden älter, weniger und bunter. Die gerechte und nachhaltige Gestaltung des demografischen Wandels ist deshalb eine wesentliche Herausforderung für Politik und Gesellschaft. Es muss zum Einen gelingen, Deutschland zu einem Einwanderungsland zu machen und Menschen mit Migrationshintergrund in Schleswig- Holstein eine neue Heimat zu geben. Zum anderen können wir es uns nicht länger leisten, dass Jugendliche weder Schulabschluss noch Ausbildungsplatz haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss sichergestellt werden. Da der demografische Wandel regional unterschiedlich verlaufen wird, brauchen wir an die Regionen angepasste und innovative Entwicklungskonzepte, um vergleichbare Lebensbedingungen in allen Landesteilen sicher zu stellen.

In Würde alt werden – Für eine neue Kultur des Alterns

Unser Ziel ist es, dass alle Menschen ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben auch im hohen Alter führen können. Viele alte Menschen sind heute bei guter Gesundheit, aktiv, mobil und verfügen über ein gesichertes Einkommen. Aber auch die Altersarmut aufgrund längerer Arbeitslosigkeit und unterbrochener Erwerbsbiographien - besonders von Frauen - steigt wieder. Gleichzeitig wächst die Zahl der auf Unterstützung und Pflege angewiesenen Hochbetagten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedürfnisse älterer Menschen beim Wohnen, der Verkehrsgestaltung, der Stadtplanung, der gesundheitlichen Versorgung, dem Verbraucherschutz und durch das Angebot spezifischer Produkte und Dienstleistungen berücksichtigt werden.

Viele Ältere sind bürgerschaftlich engagiert. Ihre Erfahrungen, ihre Potenziale und ihr Wissen wollen wir stärker in die Gestaltung der Zukunft unseres Landes einbeziehen und ihre kommunalen Mitwirkungsrechte durch Seniorenbeiräte gesetzlich verankern. Generationenübergreifende Initiativen, wie z. B. das generationenübergreifende Wohnen, wollen wir besonders unterstützen.

Umsetzung der Rechte für Menschen mit Behinderung

Die Rechte von Menschen mit Behinderung sind durch das Inkrafttreten der UNBehindertenrechtskonvention im März 2009 gestärkt worden. Um das Ziel der sozialen Teilhabe auf allen Ebenen zu erreichen, werden wir uns für die umfassende Umsetzung der UN-Konvention einsetzen. Dazu gehört auch der Ausbau von persönlichen, unabhängigen und individuellen Beratungs- und Unterstützungsformen. Wir wollen erreichen, dass Landesregelungen und Ausführungsgesetze in der Sozialgesetzgebung in verständlicher Sprache erfasst werden.

12. Vorfahrt für Demokratie und Bürgerrechte

Wir stehen für einen klaren Kurs: Der Erhalt von Bürgerrechten und die Gewährleistung von Sicherheit sind keine Widersprüche. Wir misstrauen der Aussage „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten!" und stellen uns dem Abbau von Bürgerrechten konsequent entgegen. Wir setzen uns aktiv gegen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung ein und machen uns stark für Gleichberechtigung und Toleranz. Wir wollen, dass jede und jeder selbstbestimmt, frei und verantwortungsbewusst leben kann.

Datenschutz: Meine Daten gehören mir

Wir wollen ein Grundrecht auf Datenschutz in die schleswig-holsteinische Verfassung schreiben. Für uns hat das Grundrecht auf Datenschutz Vorrang gegenüber einer Sammelwut des Staates und gegenüber den Interessen aus der Wirtschaft zur ungehemmten Datenverwendung und zur Überwachung von ArbeitnehmerInnen. Wir wollen auch die BürgerInnen zu Datenschutzbeauftragten in eigener Sache machen und ihnen die Möglichkeit geben, selbst gegen Verstöße von Unternehmen vorzugehen.

Wir lehnen jede pauschale Überprüfung, heimliche Überwachung und anlasslose Erfassung ab, die aus BürgerInnen willkürlich Verdächtige macht. Bestehende Eingriffsbefugnisse, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, wollen wir abschaffen. Die von der großen Koalition beschlossene Vorratsdatenspeicherung lehnen wir ab. Die gesetzliche Verpflichtung von Unternehmen zur Speicherung von Daten ist für die Wirtschaft teuer, für die Menschen ein Eingriff in ihre Privatsphäre und für die Verhinderung von Terrorismus unbrauchbar.

Verbraucherschutz

Wir streiten für einen besseren Schutz der VerbraucherInnen. Gesundheit und die Interessen der VerbraucherInnen müssen stets vor den wirtschaftlichen Interessen von ErzeugerInnen und HändlerInnen stehen. Wir brauchen gerade im Bereich der Lebensmittel, aber auch bei anderen Konsumgütern, klare Kennzeichnungspflichten und VerbraucherInnenaufklärung, wie z.B. die „Lebensmittel-Ampel" oder produktbezogene „CO2-Fußabdrücke".

Jugend, Medien und Internetsperren

Wir streiten auch für die Freiheit der digitalen Gesellschaft. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und damit auch kein grundrechtsfreier Raum. Wir bekämpfen den Missbrauch an Kindern mit allen rechtsstaatlichen Mitteln. Straftaten müssen im Netz, wie in der Gesellschaft, effektiv verfolgt und verhindert werden. Gerade weil dies so ist, lehnen wir das wirkungslose Sperren von Internetseiten durch das Bundeskriminalamt ab.

Abbau von Diskriminierung, Benachteiligung und Rassismus

Noch immer werden Menschen in Schleswig-Holstein wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt. Wir bekämpfen jede Form von Diskriminierung und wollen die verschiedenen Angebote vernetzen und stärken und alle rechtlichen Benachteiligungen beseitigen. Zu diesem Zweck sind ausnahmslos alle Gesetze und Rechtsverordnungen des Landes Schleswig-Holstein systematisch darauf hin zu überprüfen, ob sie dem verpflichtenden Ziel des Paragraphen 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) genügen, alle Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Gegen Rechts

Schleswig-Holstein steht an der Spitze der rechtsextremen Gewalttaten in Westdeutschland. Auffällig sind das zunehmend selbstbewusste Auftreten der extremen Rechten und ihre Wortergreifungsstrategie. Dabei setzen die RechtsextremistInnen sowohl auf ihr typisch provokantes Verhalten als auch auf biederes Auftreten, um in der Mitte der Gesellschaft Fuß zu fassen. Wir werden Rassismus und Antisemitismus weiterhin entschieden bekämpfen. Im Vordergrund der Arbeit muss dabei die Prävention stehen. In Schleswig-Holstein müssen für junge Menschen mehr Angebote geschaffen werden, die Gegenpositionen zum Rechtsextremismus aufbauen. Neben Prävention brauchen wir aber auch gute Ausstiegsprogramme. Da immer mehr Frauen der rechten Szene angehören, müssen Ausstiegsprogramme gerade für Frauen entwickelt werden.

Für unabhängige Justiz und einen resozialisierenden Strafvollzug

Wir wollen eine Justiz, die bürgernah, unabhängig und effizient ist. Wir setzen auf ein gesetzlich geregeltes Modell, in dem die Justiz möglichst unabhängig von der Landesregierung ist, über ihre Ressourcen selbst entscheiden kann und die nötigen Haushaltsmittel beim Parlament einwirbt. Im Strafvollzug stehen wir für die Verbesserung der personellen und baulichen Bedingungen zur Wiedereingliederung von StraftäterInnen. Da die Gefangenen von heute die Entlassenen von morgen sind, dienen diese und z.B. verbesserte therapeutische Maßnahmen auch dem Schutz vor neuen Straftaten.

Sicherheit braucht eine moderne, konsequent rechtsstaatlich handelnde Polizei

Die Polizei hat eine wichtige Schutzfunktion. Sie kann ihre anspruchsvollen Aufgaben nur mit gut ausgebildeten und motivierten PolizistInnen erfüllen. Deren Ausbildung soll regelmäßige Fortbildungen in verschiedenen Bereichen der Sozialkompetenz beinhalten. Sie brauchen gute Arbeitsbedingungen und müssen bürgernah organisiert sein. Dazu gehört auch eine individualisierbare Kennzeichnung der BeamtInnen.

Für das einheitliche öffentliche Beschäftigungsrecht

Der Staat braucht gut motivierte und angemessen bezahlte MitarbeiterInnen. Wir wollen daher den Einstieg in ein einheitliches Dienstrecht für alle öffentlich Bediensteten, einschließlich ihrer Einbeziehung in die Sozialversicherungssysteme und der Möglichkeit, zu streiken. Damit soll auch ein Wechsel zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft erleichtern werden.

Für demokratische Teilhabe

Wir fordern eine stärkere Demokratisierung aller Strukturen in Schleswig-Holstein. Dazu gehört auch eine Reform der Kommunalverwaltungen. Ziel der Reform ist das „Rathaus der Zukunft", in dem die BürgerInnen alle Aufgaben von der Autoanmeldung bis zum Bauantrag und der Änderung der Steuerkarte vor Ort erledigen können. In der Fläche wollen wir die Weiterentwicklung der Ämter zu handlungsfähigen und demokratisch konstituierten Amtsgemeinden. Wir setzen uns für die Rekommunalisierung von öffentlichen Dienstleistungen ein. Auch um das Recht der Selbstverwaltung wieder mit Leben zu erfüllen und transparente Strukturen zu gewährleisten. Wir wollen das ehrenamtliche Engagement fördern. Dazu gehören der freie Zugang zu öffentlichen Informationen und das Klagerecht von Verbänden. Die Hürden für Volksbegehren und -entscheide auf Landes- und auf Kommunalebene wollen wir absenken. Auf kommunaler Ebene müssen Bürgerbegehren und -entscheide über Fragen der Bauleitplanung ermöglicht werden. Wir wollen, dass das Landes- und Kommunalwahlrecht in die Richtung verändert wird, dass eine Aufblähung der Parlamente durch Überhangmandate die absolute Ausnahme ist.

Wir GRÜNE sind die Partei, die mehr Demokratie wagt. Wir fordern im ersten Schritt die Senkung des aktiven Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahren. Weitere Schritte zur Beteiligung junger Menschen sind von zentraler Bedeutung.

Für Transparenz – gegen Korruption und Lobbyismus

Durch Korruption und intransparenten Lobbyismus wird Vertrauen in Politik zerstört. Die BürgerInnen müssen nachvollziehen können, welchen Einfluss Verbände und Unternehmen auf das von ihnen gewählte Parlament nehmen. Wir fordern die Übernahme der für den Bundestag eingeführten Regelungen für Nebenverdienste von Abgeordneten des Landtages, ergänzt um die Pflicht zur exakten Ausweisung der Nebeneinkünfte. Wir fordern außerdem die jährliche Veröffentlichung der Beschäftigungsverhältnisse der Verwaltungen des Landes und der Kommunen mit sogenannten Externen. Lobbyismus und Sponsoring dürfen nicht zur unzulässigen Einflussnahme auf die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben führen. Darüber hinaus muss endlich ein schleswig-holsteinisches Korruptionsregister geschaffen werden.

Integration, Migration und Flüchtlinge

Deutschland ist ein Einwanderungsland, die multikulturelle Gesellschaft längst Realität. Dem muss die Politik in einer langfristigen und nachhaltigen Perspektive Rechnung tragen. Integration heißt für uns auch, dass der Staat und seine Institutionen sich für die Menschen mit Migrationshintergrund weiter öffnen und Aspekte der interkulturellen Kompetenz stärker berücksichtigen. Teilhabe- und Beteiligungsrechte von MigrantInnenverbänden wollen wir deshalb stärken. Alle Möglichkeiten, mehr MigrantInnen ohne deutschem Pass ein Wahlrecht zu verschaffen, wollen wir ausschöpfen. Die Einführung eines kommunalen Wahlrechts wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Zum Gelingen von Integration gehört ein Klima von Toleranz, Akzeptanz, Achtung und gegenseitiger Wertschätzung. Integration ist keine Einbahnstraße, sondern ein beidseitiger Lernprozess. Die wichtigsten Schritte für gelingende Integration sind das möglichst frühe Erlernen der deutschen Sprache, eine Berufsausbildung und ein Arbeitsplatz. Dafür müssen die Vorraussetzungen geschaffen und die Hemmnisse beseitigt werden. Dazu gehört die leichtere Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen aber auch die Schaffung einer gesicherten Zukunftsperspektive für ausländische Studierende in Schleswig-Holstein, die hier leben und arbeiten wollen. Wir setzten uns für ein kontinuierliches Resettlement-Programm (Aufnahmeprogramm von Flüchtlingen) ein, um Flüchtlingen von Anfang an eine dauerhafte Perspektive zu geben und die Integration zu verbessern.

Wir fordern, auf Abschiebungen in Krisengebiete zu verzichten und eine humane Flüchtlingspolitik zu praktizieren. Wir brauchen eine unbürokratische und großzügige Bleiberechtsregelung für langjährig hier lebende Flüchtlinge. Der derzeitigen Abschottungspolitik der EU erteilen wir eine klare Absage und setzen uns für ein weltoffenes Schleswig-Holstein und eine humane europäische Flüchtlingspolitik ein.

13. Schleswig-Holstein ist Europa – Europa ist Schleswig-Holstein

Herausforderungen wie den globalen Umweltschutz, den Klimawandel und die Energiesicherheit, die Weltfinanzkrise, soziale Gerechtigkeit im globalisierten Wettbewerb, gerechten Welthandel, Schutz vor internationaler Kriminalität und Terro- rismus kann heute kein Staat mehr alleine bewältigen. Dafür braucht es ein starkes Europa mit Regionen, die Europa aktiv unterstützen, die Angebote der EU nutzen und gleichzeitig das eigene Interesse im Konzert mit anderen Regionen nicht vernachlässigen. Für eine verstärkte Zusammenarbeit im Ostseeraum Der Ostseeraum stellt eine große Chance für Schleswig-Holstein dar. Die Belastungen, mit denen die Ostsee heute zu kämpfen hat, sind jedoch vielfältig. Um die Grundlage des Wohlstandes in dieser Region zu bewahren, müssen wir jetzt die Weichen für eine nachhaltige Wirtschafts- und Umweltpolitik stellen: Neue, umweltfreundliche Hafentechnik für alle Ostseeanrainer, Kooperation bei erneuerbarer Energieversorgung und ein abgestimmtes Meeresschutzprogramm sind überfällig. Der kulturelle Austausch bildet die Grundlage für eine strategische Allianz bei europäischen Fragen, ermöglicht die weitere Annäherung an Russland und stärkt den Ostseeraum insgesamt: Eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Hochschulen in Europas Nordosten und eine engere Kooperation der Handels- und Handwerkskammern sind daher unser Ziel.

Grenzüberschreitende Projekte – großes Potential für Schleswig-Holstein

Um eine stärkere Identifikation mit Europa voranzutreiben, wollen wir die bestehenden europäischen Projekte in Schleswig-Holstein, die einen Vorbildcharakter für ganz Europa besitzen und einen großen Gewinn für unser Land darstellen, weiter ausbauen und bürgernäher gestalten.

Der Vertrag von Lissabon

Wir begrüßen und werben für den Vertrag von Lissabon, weil er Europa handlungsfähiger, transparenter und demokratischer macht. Auch wenn wir nach wie vor für eine europaweite Volksabstimmung über eine europäische Verfassung eintreten, ist der Lissabonvertrag ein unabdingbarer, nächster Schritt auf dem Weg dorthin. Gleichzeitig wachsen damit die Verantwortung und die Notwendigkeit, sich künftig intensiver und aktiver an der europäischen Politik zu beteiligen und sie im Landtag zu befassen.

Durch die Stärkung der nationalen und regionalen Parlamente durch den Vertrag von Lissabon muss die Rolle des Europaausschusses im Landtag aufgewertet und die frühzeitige Befassung des Landtages mit Vorhaben auf europäischer Ebene in eine neue verbindliche Form gegossen werden.

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