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Monika Heinold sagt zum Thema Mindestlohn und Frauenlohn

Trotz Arbeit arm - das darf nicht sein

Es gibt in Deutschland fünf Millionen Erwerbstätige mit einem Stundenlohn von unter 7,50 Euro. Und zwei Millionen Erwerbstätige arbeiten sogar für einen Stundenlohn von unter fünf Euro! Trotz Arbeit sind diese Menschen arm - von solchen Hungerlöhnen kann niemand würdevoll leben, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist damit nicht gesichert, soziale Ungerechtigkeit - gerade auch Bildungsungerechtigkeit - wird so verfestigt.

Die Gewerkschaften konnten diese Entwicklung mit einem schlechten Organisationsgrad in vielen Dienstleistungsbranchen nicht aufhalten. Und die Bundespolitik hat mit der Förderung von Mini- und Midi-Job sowie der Ausweitung von Leiharbeit aktiv einen Niedriglohnsektor in Deutschland geschaffen.

Ich sage hier selbstkritisch: Dieser Weg war falsch. Gute Arbeit muss angemessen entlohnt werden. Menschen müssen von ihrer Arbeit leben und ihre Familie ernähren können. Und wer arbeitet muss auch ein höheres Einkommen haben als jemand, der von Transferleistungen lebt. Wir brauchen in Deutschland einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wir brauchen einen klaren Lohn-Deckel nach unten um Dumping-Löhne zu verhindern.

Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist gerade für erwerbstätige Frauen von großer Bedeutung. In der Wirtschaft gibt es eine Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern von 23 Prozent. Das ist schreiend ungerecht!

So groß wie in Deutschland ist der Abstand der Entlohnung von Männern und Frauen in keinem anderen europäischen Land. Einige Gründe für den geringen Arbeitslohn von Frauen: Frauen arbeiten überproportional in Branchen mit schlechteren Löhnen, ihre Teilzeitquote ist relativ hoch, und es gibt zu wenige Frauen in Führungspositionen. An all diesen Stellen müssen wir nachbessern: Durch die Motivation junger Frauen sich für klassische Männerberufe zu entscheiden, durch die flächendeckende Sicherstellung einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung und durch gesetzliche Auflagen und Quoten beispielsweise für die Besetzung von Aufsichtsräten.

Wir Grüne fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro, wie auch Ver.di. Es geht uns vor allem darum, endlich Schluss damit zu machen, dass es in Deutschland Hungerlöhne von vier oder fünf Euro pro Stunde gibt. Dieses Lohndumping muss der Vergangenheit angehören. Bei 7,50 Euro Stundenlohn und 170 Arbeitsstunden pro Monat kommt Frau oder Mann auf einen monatlichen Bruttolohn von 1.275 Euro, netto sind das dann weniger als 1000 Euro. Das ist alles andere als üppig, zumal daraus ein nur geringer Rentenanspruch entsteht, und an den Aufbau einer zusätzlichen Alterssicherung mit diesem geringen Gehalt nicht zu denken ist.

Der Vorteil gesetzlicher Mindestlöhne ist, dass das zusätzliche Einkommen mit Sicherheit unmittelbar für den Konsum ausgegeben und so die Binnennachfrage stärken würde. Die FDP will ein Mindesteinkommen gewährleisten, indem marktgerechte Löhne (im Klartext Niedriglöhne) durch staatliche Mittel aus dem Steuersystem aufgestockt werden. Das ist der falsche Weg. Denn es würde für alle Arbeitgeber Anreize schaffen, ihre Mitarbeiter niedrig zu entlohnen - schließlich zahlt der Staat ja den Rest der Zeche.

Und woher kommen dann wohl die staatlichen Mittel, wenn die FDP die Steuereinnahmen um jährlich 35 Milliarden Euro senken will? Ein abgemagerter Bundeshaushalt kann das Aufstocken nur über neue Schulden bezahlen. Wir Grüne wollen, dass für alle Einkommen bis 2.000 Euro die Beitragssätze zur Sozialversicherung langsam und stufenlos ansteigen.

Für Geringqualifizierte sind hohe Lohnnebenkosten vom ersten Euro an ein hohes Beschäftigungshindernis. Durch niedrigere Lohnnebenkosten werden viele Jobs für diese Menschen überhaupt erst attraktiv. Attraktiv aber auch für die Arbeitgeber, um sie bei der gleichzeitigen Einführung gesetzlicher Mindestlöhne zu entlasten.

Der gesetzliche Mindestlohn wird jährlich überprüft und bei steigenden Lebenshaltungskosten angepasst. Eine Mindestlohnkommission nach britischem Modell bestehend aus Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaft ist dafür verantwortlich.

Natürlich ist bekannt, dass Bundestag und Bundesrat den Weg frei gemacht haben für Mindestlöhne in wichtigen Wirtschaftsbranchen. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz bietet einen Rechtsrahmen, um tarifvertragliche Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einer Branche verbindlich zu machen. Im Februar 2009 wurden sechs weitere Branchen in den Schutz des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes aufgenommen:

  • Pflegebranche (Altenpflege und häusliche Krankenpflege)
  • Sicherheitsdienstleistungen
  • Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken
  • Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft
  • Abfallwirtschaft (einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst)
  • Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch

Das sind alles richtige Einzelschritte. Damit hat sich die generelle Forderung nach einem flächendeckenden, allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn überhaupt nicht erledigt, er steht weiterhin dringlich auf der politischen Agenda. Das Mindestarbeitsbedingungengesetz ermöglicht die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten für die Wirtschaftszweige, in denen die tarifgebundenen Arbeitgeber bundesweit weniger als 50 Prozent der unter den Geltungsbereich aller Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen.

Ein dauerhaft einzurichtender Hauptausschuss prüft, ob in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und entscheidet, ob in diesem Wirtschaftszweig Mindestarbeitsentgelte festgesetzt werden. Ein Fachausschuss, der sich aus VertreterInnen des Wirtschaftszweigs zusammensetzt, kann dann die konkrete Höhe des jeweiligen Mindestlohns anhand vorgegebener Kriterien durch Beschluss festlegen. Auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kann die Bundesregierung die vom Fachausschuss beschlossenen Mindestarbeitsentgelte als Rechtsverordnung erlassen.

Obwohl mit Klaus von Dohnanyi ein erfahrener Schlichter als Ausschussvorsitzender berufen wurde, zeigen die ersten Äußerungen von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt wie schwer einvernehmliche Regelungen sein werden.

Wir Grüne haben schon in der rot-grünen Bundesregierung versucht, einen gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen. Leider erfolglos. Die Sozialdemokraten waren noch nicht soweit. Erst nachdem auch die Gewerkschaften 2006 auf das Thema Mindestlohn eingeschwenkt waren, hat sich die SPD für einen gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. Wie so oft waren auch hier die Sozialdemokraten nicht die Speerspitze der Bewegung.

In 20 europäischen Staaten gibt es gesetzliche Mindestlöhne, ohne dass das kapitalistische Wirtschaftssystem ins Wanken geraten wäre. Deshalb kann ich die ideologischen Vorbehalte von CDU und FDP gegen einen Mindestlohn nicht nachvollziehen. Christliche Nächstenliebe verträgt sich nicht mit Hungerlöhnen!

Es gibt schon lange eine gesellschaftliche Mehrheit für Mindestlöhne, denn viel zu viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, was es heißt, viel zu arbeiten und extrem wenig zu verdienen. Und heute gibt es erfreulicherweise auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag eine Mehrheit für den gemeinsamen Antrag zum Mindestlohn. Ich kämpfe dafür, dass es nach der Bundestagswahl auch in Berlin eine Mehrheit für einen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Niedriglöhne beschädigen die Würde von Arbeitnehmern. Gute Arbeit hat einen guten Lohn verdient. Dafür stehen die Grünen.

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