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E-Auto: Hoffnung oder Irrweg?

Sind wir mit der E-Mobilität auf dem falschen Dampfer?

 Für viele von uns vermutlich zu spät, die abendlichen Polittalkshows. Neulich war aber wieder so ein Abend, der das Aufbleiben rechtfertigen sollte, der 16. Oktober 2019, ein Mittwoch: Philosoph Richard David Precht bei Markus Lanz. Precht spricht von einem „katastrophalen Fehler“, der von Seiten der Politik gemacht werde, um die Elektromobilität durchzuboxen.

Die Ankündigung des US-Elektroauto-Herstellers Tesla, unweit von Berlin eine Fabrik errichten zu wollen, wird der E-Mobilität vermutlich Auftrieb verleihen und für eine Beschleunigung in der Entwicklung der E-Mobilität sorgen. Das Projekt löst in Wirtschaft und Politik fast einhellig Begeisterung aus. Tesla-Chef Elon Musk will in Grünheide (Brandenburg) – nahe dem künftigen Großflughafen BER – seine Gigafactory 4 bauen. In Berlin soll zudem ein Ingenieurs- und Designzentrum entstehen. In dem Werk in Grünheide sollen Batterien, Antriebsstränge und der neue Sportgeländewagen Model Y hergestellt werden, das in Deutschland mindestens 55.000,- Euro kosten wird. Die Fabrik ist die vierte ihrer Art – zwei gibt es in den USA in der Wüste von Nevada und im Staat New York, eine weitere entsteht im chinesischen Shanghai. Die deutsche Produktion soll bereits Ende 2021 starten. Sollte US-Präsident Donald Trump seine möglichen Strafzölle gegen die Europäische Union umsetzen, kann Tesla diese dann über die neue Produktion für seine europäischen Kunden umgehen.

Dennoch gibt es ebenso viele Zweifler wie Befürworter in die Zukunftstechnologie der E-Mobilität. Warum also heute ein E-Auto kaufen, das um ein Drittel teurer ist als ein herkömmlicher Pkw mit Verbrennungsmotor, zudem noch über eine sehr begrenzte Reichweite verfügt, deren Batterie-Technologie derzeit nicht ausgereift ist und mit langer Ladedauer zeitaufwendig bei einer noch fehlenden Ladeinfrastruktur aufgeladen werden muss, geschweige Stationen zum schnellen Akkuwechsel zur Verfügung stehen und darüber hinaus eine miserable Umweltbilanz aufweist? Wegen der geringeren Kohlenstoffdioxid-Belastung?

Okay, gucken wir uns die CO2-Bilanz eines E-Fahrzeuges an: Die wirkliche Umweltbilanz eines Elektroautos – und das ist mehr als ein offenes Geheimnis – sei miserabel, sagt Precht. Selbst in Studien, die es gut meinen mit dem E-Auto, falle die Bilanz gegenüber Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren nur „ein klein wenig besser aus“.

Die Umweltbilanz von Automobilen wird häufig nur auf den direkten Energie- bzw. Kraftstoffverbrauch und Emissionen von Schadstoffen oder klimaschädigenden Gasen bezogen (Tank-to-Wheel, also: vom Tank zum Rad). Weiter greift eine Well-to-Wheel-Analyse (von der Quelle zum Rad), die auch Wirkungsgrade und Emissionen für die Bereitstellung der Energie enthält. Umfassendere Vergleiche setzen auf eine Lebenszyklus-Analyse (Life-Cycle-Assessment; LCA) bei der die CO2-Emissionen, die bei der Produktion des jeweiligen Fahrzeugs anfallen, noch hinzukommen. Teil dieser Bilanz ist u.a. auch der Herstellungs- und Entsorgungsaufwand für das Fahrzeug, die Bereitstellung der Antriebsenergie und Lärmemissionen. Nur so können Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge (auch Steckdosenhybrid genannt, dessen Akkumulator sowohl über den Verbrennungsmotor als auch am Stromnetz geladen werden kann), fair mit Gas, Benzin- und Dieselfahrzeugen verglichen werden. Dabei werden die am Fahrzeug gemessenen CO2-Emissionen und die Emissionen, die für die Bereitstellung des jeweiligen Kraftstoffs/Stroms entstehen, addiert.

Zurzeit rüsten wir in Deutschland für unglaublich viel Geld mit der gesamten Infrastruktur, die da daran beteiligt ist, die Automobilindustrie auf eine wirklich furchtbare Lösung um. Und auch deswegen furchtbar, weil wir überlegen müssen, woher unsere Rohstoffe dafür kommen? Die Batterien für Elektroautos werden in China gefertigt, dort aus Seltenen Erden und mit hauptsächlicher fossiler Energie – nämlich Kohle – hergestellt. Schließlich wachsen mit der Größe der Batterie weitere Probleme: Die beschränkte Verfügbarkeit Seltener Erden. Benötigter Kobalt wird vielfach unter menschenunwürdigen Bedingungen in wenigen afrikanischen Ländern abgebaut. Am schlimmsten ist das Tantal-Erz Coltan, das wir aus dem Kongo holen, zudem wird Kupfer benötigt, hinzukommen Zutaten für Batterien wie das Leichtmetall mit geringer Dichte: Lithium, das unter entsetzlichen Bedingungen in Peru abgebaut wird.

All das ist grauenhaft; die Folgen: Wir machen uns von China abhängig, fördern Unterdrückungssysteme, Kinder- und Sklavenarbeit in den Abbauländern ‚Seltener Erden‘. Zudem kommen wir mit einer ganz miesen CO2-Bilanz mit unseren Elektroautos daher und verzeichnen eine massiv miese Bilanz von ungefähr 100.000 gefahrenen Kilometern, wenn die Batterien in die Autos eingebaut werden. Obendrein sind Akkus schwer, für die Effizienz ist das Gift. E-Mobilität ist mit großen Batterien nur bedingt fernreisetauglich, also am Ende doch eher etwas für die Stadt.

Hier zeigt sich, dass das Elektroauto einen CO2-Rucksack mit ins Leben schleppt, der deutlich größer ist als der von Autos mit einem Verbrennungsmotor. Schon mit dieser Hypothek legen wir mit Elektroautos los. Das Fraunhofer-Institut hat eine Untersuchung veröffentlicht, wonach ein Elektroauto mit 90 kWh Batterie gar 160.000 Kilometer fahren muss, bis es in der CO2-Bilanz den Dieselmotor schlägt. Die CO2-Bilanz des ADAC ergibt, dass der CO2-Nachteil von Batterieautos ab Fahrleistungen von 50.000 bis 100.000 Kilometern ausgeglichen wird.

Es wird den Deutschen Autobauern vermutlich nicht mehr gelingen, auf dem Gebiet der E-Mobilität eine führende Rolle einzunehmen, wie sie es bei der herkömmlichen Automobilherstellung mit den Verbrennungsmotoren innehatte, bezogen auf die Motoren, das Getriebe, die Abstimmung. Diese Zeiten sind vorbei. Der umstrittenen E-Technologie rennen wir derzeit hinterher und haben nahezu den Anschluss verpasst. Im globalen Wettbewerb haben andere Wirtschaftsmächte ohnehin ein Interesse daran, auf neue Technologien zu setzen, damit sie wettbewerbsfähig werden. Machen wir uns nichts vor: Elektroautos werden nicht aus Deutschland kommen, diese Rolle wird China übernehmen.

Strategisch gescheiter und weitsichtig wäre es deshalb, ergebnisoffen viel Geld in Forschung und Entwicklung in klimafreundlichere Technologien zu investieren, um die Technik für eine neue Industrie zu fördern. Die Zukunftstechnologie liegt sicherlich in einer anderen Form von E-Mobilität, der Wasserstofftechnik. Warum machen wir jetzt eine Umrüstung auf eine Elektro-Technologie, die wir in absehbarer Zeit mit einer viel besseren Umweltbilanz ersetzen können. Weshalb also jetzt eine komplette technische Revolution zu Wege bringen, um dann in zehn Jahren die nächste zu machen. Zugegeben: Gegenwärtig können wir mit Hilfe der Wasserstofftechnik diese Mobilitätsumrüstung nicht machen, da der Wirkungsgrad bei Wasserstoff zurzeit sehr niedrig ist, nur: Vor zehn Jahren hätte man die Umrüstung auf die E-Mobilität, so wie wir sie jetzt machen, auch nicht machen können. In zehn Jahren aber wird die Wasserstofftechnik entwickelt sein.

Das monetäre Problem: Die deutsche Autoindustrie muss das alte System mit Verbrennungsmotoren weiterhin betreiben und sie muss das neue System mit E-Motoren entwickeln. In zehn Jahren hat die deutsche Autoindustrie vermutlich gar nicht mehr die Kapitalkraft für den nächsten Schritt in die Wasserstofftechnik. Dann zotteln wir vermutlich wieder hinterher.

Für Anhänger der Wasserstofftechnik gibt es Hoffnung am Horizont. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Nord sei nachhaltig produzierter Wasserstoff zwar noch nicht in größeren Mengen und zu wettbewerbsmäßigen Preisen verfügbar. Norddeutschland mit seinem Überschuss an Wind könne das jedoch ändern und soll zum Zentrum der Wasserstoff-Technologie werden, sodass die Wasserstofftechnik in zehn Jahren möglich ist. In Hamburg wurde Ende Oktober 2019 der erste mit Brennstoffzelle und Batterie betriebene Streifenwagen in Dienst gestellt, ein Hybridfahrzeug, das ohne herkömmlichen Kraftstoff auskommt; Reichweite: 470 Kilometer, und kann in nur drei Minuten mit Wasserstoff vollgetankt werden. Spitze fährt das Auto 160 km/h, bei reinem Wasserdampfausstoß. Es ist damit alltagstauglich. Bisher sei der Brennstoffzellen-Batterie-Hybrid Mercedes nur eines: teuer.

Das Sich-Versteifen auf E-Mobilität könnte – langfristig gesehen – ein Fehler sein.

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