Rede Uta Röpcke zum Thema Asylpolitik am 6. März 2014

„Wir sprechen uns für einen Kurswechsel in der europäischen Flüchtlingspolitik aus und bekennen uns zu der Verantwortung, die wir (...) für Flüchtlinge mit und ohne Aufenthaltsstatus haben.“

„Wir bekennen uns zu unserer humanitären Verantwortung und erklären unsere Bereitschaft, im aus humanitären Gründen gebotenem Umfang über bisherige Kontingente hinausgehend Flüchtlinge aufzunehmen.“

„Es ist unser Ziel, Flüchtlinge beim Weg in unsere Gesellschaft besser zu begleiten. Dazu gehört auch, Flüchtlinge bei der Vermittlung von Wohnraum zu unterstützen (...) und Familiennachzug vermehrt zu ermöglichen (...).“

„Wir fordern das Arbeitsverbot für (...) Flüchtlinge für die ersten neun Monate aufzuheben und ihnen (...) stärkere Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu geben. Global denken, lokal handeln (...).“ soll unser Motto sein.

Sehr verehrter Herr Kreispräsident, liebe Kreistagsabgeordnete!

Diese Zitate stammen nicht etwa aus irgendeinem radikalen Grünen Grundsatzpapier, sondern wurden im letzten November gezeichnet von den meisten hier anwesenden Parteien: Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD, SSW und Die Linke, also von unserer aller KollegInnen in der Ratsversammlung Flensburg - und dort auch im November letzten Jahres in Einigkeit verabschiedet.

Eine parteiübergreifende Resolution, die Hochachtung verdient! Ich kann nur empfehlen, sie sich einmal in ihrer Gänze zu Gemüte zu führen. Ein durchaus bemerkenswertes Papier.

Unser Kreistag im Herzogtum Lauenburg hat es im vergangenen Jahr im März, kurz vor der letzten Kommunalwahl, auch geschafft, einen parteiübergreifenden gemeinsamen Aufruf zu verabschieden. Sie erinnern sich: „Alle demokratischen Parteien im Herzogtum Lauenburg wenden sich entschieden gegen Rassismus und Rechtsextremismus in unserem Kreis.“ so der erste Satz dieser Absichtserklärung.

Unter Punkt 4. heißt es in diesem Aufruf: „Wir wenden uns gegen rassistische Zuschreibungen und das Austragen gesellschaftlicher Problemlagen auf dem Rücken von Minderheiten. Wir setzen uns für die Suche nach gemeinsamen Lösungsansätzen mit den Menschen vor Ort ein.“ Ein durchaus bemerkenswerter Aufruf, ein durchaus bemerkenswerter Satz.

Und genau hieran möchte ich dieses Gremium erinnern, wenn wir uns mit dem vorliegenden Antrag der SPD hier und heute auseinander setzen und vorwegschicken, dass sich die Kreistagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen unbedingt diesem Antrag anschließen wird, da er in er vollumfänglich in unserem Geist und Sinne ist. Und in Bezug auf das oben Gesagte sollte dieser Antrag eigentlich auch in Ihrem Sinne sein.

Ich denke es ist in unserer aller Sinne, ja eigentlich längst überfällig, dass wir uns in diesem Gremium und auch in diesem Landkreis parteiübergreifend und ausdrücklich zu einer humanen Asylpolitik bekennen.

Und zu einem solchen Bekenntnis gehört auf der Handlungsebene unbedingt

- eine gelebte und ausdrückliche Willkommenskultur gegenüber ALLEN Einwanderern / MigrantInnen bei uns im Kreis, aber insbesondere gegenüber Flüchtlingen, die vermehrt traumatisiert und nach unvorstellbaren Fluchterlebnissen und –erfahrungen hier bei uns im Kreis nun endlich eine sichere Zuflucht gefunden haben und unsere Hilfe und Unterstützung dringend benötigen, um zu einem für sie lebenswerten Leben zurück zu finden

In 2013 lag Syrien mit 409 Aufnahmen (von 2.646 insgesamt) nach dem im September veröffentlichten Bericht des Landesamtes für Ausländerangelegenheiten mit Erstanträgen an zweiter Stelle und mit der aktuellen politischen Lage in Syrien sind wir alle vertrauter als uns lieb ist. Afghanistan und Iran liegen an dritter und vierter Stelle. Nur die Russische Förderation lag zahlenmäßig noch davor. Bei den Folgeanträgen waren es die Westbalkanstaaten.

Zu einem Bekenntnis zu einer humanen Asylpolitik gehört auf der Handlungsebene auch unbedingt

- mindestens eine Gemeinschaftsunterkunft in unserem Kreis bereitzuhalten, die den landesweiten Mindeststandards entspricht, ausreichend Platz für unseren Kreisanteil des nach dem Königsteiner Schlüssel zugeteilten Kontingents bietet und unbedingt den in dem Antrag aufgelisteten Kriterien entsprechen: Natürlich ist eine gute ÖPNV Anbindung und Erreichbarkeit von Geschäften, Ärzten, Behörden, KiTas, Sprachkursen etc.

und dazu gehört auch

- Rassistischen Ressentiments wie den oben genannten aktiv vorzubeugen, indem der Kreis eine möglichst kurze Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften anstrebt, um dann auf eine zügige Integration durch dezentrale Unterbringung in enger Zusammenarbeit und gemeinsamer Planung mit den Kommunen hinzuwirken.

Das kann nicht bedeuten, wie es ja kürzlich in dem Ausschuss für Soziales, Bildung und Kultur anklang, dass der Kreis die Kommunen in die Pflicht nimmt und auf „Vorschläge“ von deren Seiten wartet. Nein, die Kreisverwaltung muss hier zügig aktiv werden und wie in dem vorliegenden Antrag formuliert auf Städte und Ämter des Kreises zugehen.

Wir müssen davon ausgehen, dass die absolute Zahl der Flüchtlinge, die zunächst in Neumünster, der Erstaufnahmeeinrichtung, und dann bei uns im Kreis ankommen und untergebracht werden tendenziell eher steigen statt sinken. Zahlen belegen das: Während 2007 auf SH noch 478 Flüchtlinge gezählt wurden, so stieg diese Zahl zwar nicht linear, doch aber kontinuierlich auf 2646 im Sept 2013. Weitere Zahlen über die aktuelle Entwicklung der Zahlen sollten allen hier anwesenden Abgeordneten bekannt sein und falls nicht, können sie den Schreiben des BAMF aus der Anlage der letzten Sitzung des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses entnehmen. Hervorheben möchte ich nur noch 2 Zahlen: Eine Steigerung um 80% bei Erstanträgen sowie von um 70% bei Folgeanträgen gegenüber dem Jahre 2012.

Dabei ist Neumünster jetzt schon an seinen Grenzen (ich durfte mir vor etwa einem Jahr dort bei einem vor Ort Besuch selbst ein Bild davon machen), Gudow rein räumlich auch (ausgelegt für max. 45 AsylbwerberInnen), obwohl die dort von Menschen geleistete Integrationsarbeit fantastisch ist, wie wir uns sicherlich alle schon mal überzeugen konnten und auch der kürzlich verliehene Preis beweisen.

Am 27. November 2013 erhielt das Projekt „Herzlich Willkommen im Kreis Herzogtum Lauenburg – Ankommen in Gudow“ des Diakonischen Werkes Herzogtum Lauenburg den Sozialpreis „innovatio 2013“. Die Mitarbeiter/-innen des Projektes unterstützen seit drei Jahren Flüchtlinge und Asylsuchende in der Aufnahmestelle des Landes Schleswig-Holstein in Gudow in enger Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die im Rahmen des Projektes aktiviert werden konnten.

Jetzt ist die Kreispolitik dran und ich würde mich wirklich freuen, wenn wir hier alle gemeinsam an einem Strang ziehen könnten! Denn anders werden wir denjenigen, die unsere Hilfe und Unterstützung so dringend brauchen kaum helfen können.

Wenn der politische Wille hier bei uns im Kreis da ist und wenn es unserem Landrat dann auch noch gelingen würde, eine Ausnahme bei der Kostenübernahme von Seiten der Landespolitik im Sinne des Antrags zu erwirken, sollten wir eher heute als morgen anfangen die Verantwortung für unseren Anteil zu übernehmen und auch umzusetzen.