Wortbeitrag Haushaltsplanung 2011 am 23.09.2010

von Klaus Tormählen 

Die Staatsverschuldung galoppiert. Davon ist der Kreishaushalt nicht ausgenommen. Unsere Einschätzung auf Grund von Betrachtungen über das Geldsystem mit seinen inflationären Tendenzen und angesichts der Angst bzw. Unwilligkeit der Politik, dort Steuern zu erheben, wo Geld ist, wagen wir die Prognose, dass sich die Verschuldung in absehbarer Zukunft auch nicht annähernd stoppen lässt. Auch nicht im Kreis, und insbesondere nicht durch die Maßnahme, über die wir diskutieren. Wie ich später noch erläutere, werden die Zahlungsverpflichtungen die wenigen durch die vorgeschlagene Maßnahme einbehaltenen Gelder um ein mehrfaches übertreffen.Die

Situation bei den Kommunalfinanzen erfordert sofortiges politisches Handeln. Als Reaktion darauf haben wir einen Vorschlag von CDU und FDP vorliegen. Dieser Vorschlag passt in die politische Landschaft. Sowohl Bund als auch das Land kürzen ähnlich, vorwiegend im Sozialbereich, denn die große Summe wird auch bei uns im Sozialbudget landen. Auf die Idee, die Einnahmen zu verbessern, kommt man eher weniger oder zumindest nur mit Bagatellbeträgen.

Dabei ist kürzen fatal. Kürzen erstickt Aktivitäten, kürzen mindert Investitionen, kürzen gefährdet die Wahrnehmung von Allgemeinwohlaufgaben, kürzen mit der Folge von Verlust an Aufgabenwahrnehmung verstößt am Ende womöglich gegen das Grundgesetz.

Wir können die von CDU und FDP vorgeschlagene Maßnahme so nicht mittragen. Wir haben vor knapp einem Jahr hier auch eine Kürzung vorgeschlagen. Doch war dies eine einprozentige Kürzung der Ausgaben mit einer gleichzeitigen einprozentigen Heraufstufung der Einnahmen. Das hätte aus unserer Sicht auch einen Anreiz für die aktive Verbesserung des Haushalts gegeben.

Die von CDU und FDP angestrebte zweiprozentige Kürzung aller (dafür geeigneten) Ausgaben ist aber eine Mogelpackung. Denn der Beschlussvorschlag sagt es ja explizit: Sollte die Kürzung (von zwei Prozent) im Produkt nicht möglich sein, so können die Einsparungen auch in anderen Produkten erbracht werden. Die Kürzung kann (und wird mit Sicherheit) auch höher ausfallen. Also wird es auch Kürzungen um vier oder fünf Prozent geben (oder mehr, das steht im Beschlusstext überhaupt nicht drin).

Das können wir nicht wollen.

Warum ist für uns der vorliegende Lösungsversuch zum Stoppen der gallopierenden Verschuldung nicht tragbar?

Wir glauben nicht, dass die Maßnahmegaben ihr Ziel erreicht.

Erstens haben wir schon einmal (2003) eine einseitige Kürzung durch die CDU im Sozial- und Bildungsbereich über uns ergehen lassen müssen. Das Defizit ist dennoch gestiegen.

Zweitens werden wir nicht annähernd an die Beträge herankommen, die für einen wirklichen Effekt notwendig sind. Dafür erzeugt die Maßnahme Schmerzen und Wut. Schmerzen wegen sterbender Projekte, Wut über die ungerechte Verteilung der Einzelposten. Es ist nicht gerecht, wenn Mitarbeiter in der Kreisverwaltung auf Anschaffungen oder Weiterbildungsmaßnahmen verzichten müssen – und damit im Gesamtsparpaket einen Minibetrag erzielen – während in den großen Ausgabenbereichen der sozialen Dienste durch nur kleine prozentuale Veränderungen Rieseneffekte erzielt werden.

Drittens, und das ist das was am meisten wiegt, ist das Kürzen nur ein Herumdoktern am Symptom ohne an die Ursachen zu gehen. Während wir hier ein oder zwei Millionen in – aus unserer Sicht unverzichtbaren – Bereichen zurückhalten, kommt hintenherum an anderen Stellen die zehnfache oder zwanzigfache Menge an Kosten hinzu. Diese Behauptung möchte ich untermauern. Den Kommunen in Schleswig-Holstein sind in den letzten vier Jahren pro Jahr ca. 400 Millionen Euro weggenommen werden. Und das geht jedes Jahr so weiter. Die Summe setzt sich zusammen aus ca. 280 Millionen Mindereinnahmen auf Grund von Steuerrechtsänderungen auf Bundesebene über die Jahre 2007 bis 2010. Diese Zahl wurde uns so der Landesregierung genannt. Dazu kommen die wegfallenden 120 Millionen für den gestrichenen Landesfinanzausgleich. Eine weitere fehlende Summe in Millionenhöhe wird sich durch den veränderten Anteil des Bundes an den Kosten der Unterkunft ergeben. Schließlich rechnen Fachleute mit einer rasant steigenden Altersarmut. 80 Prozent der Grundsicherung für alte nicht auskömmlich mit Rente versorgte Menschen müssen die Kommunen aufbringen. Die Bundesgesetzgebung hat gerade mir der Streichung von Anteilen an der Altersrente einen zusätzlichen Beitrag geliefert. Wir haben nicht nur eine galoppierende Staatsverschuldung, wir registrieren auch einen rasant steigende private Verschuldung. Auf Grund von sinkenden Einkommen bei immer mehr Menschen erwarten wir eine wachsende Zahl von Altersarmut Betroffener.

Mit Sicherheit werden auf die Kommunen insgesamt Kosten zukommen, die um ein vielfaches über der durch 2 Prozent Rasenmäherkürzung „gesparten“ Summe liegen werden.

Bleibt allerdings die Frage, was anderes könnten wir vorschlagen. Ich habe nur eine Antwort: Die Finanzen der Kommunen müssen durch sofortige Maßnahmen des Bundes abgesichert werden. Die Gewerbesteuer reicht offenbar allein nicht aus.

Die unverzügliche Sicherstellung einer aufgabengerechten Finanzausstattung der Kommunen war auch eine Zusicherung des Bundesfinanzministers. Nur das Handeln sieht im Finanzministerium anders aus.